Richard Wagner

Mit Der Fliegende Holländer hat Richard Wagner eine typische romantische Oper geschrieben. Leidenschaft und Musik, Übersinnliches und Grusel, der tragische Wanderer und die unerfüllte Liebe; viele der typischen  Merkmale der Romantik sind hier verarbeitet. Auch die Musik löst sich bereits von klassischen Formen, arbeitet mit Leitmotiven und starken dramatischen Eigenschaften. Dies alles konnte unser Mitarbeiter Alain Steffen sehr gut und hautnah in der Philharmonie miterleben, wo Wagners erstes Meisterswerk in konzertanter Form gegeben wurde.

Tarmo Peltokoski
(c) Apollo Artists

Großes Lob an allererster Stelle für den jungen Dirigenten Tarmo Peltokoski, dessen exzellente Leistung man hervorheben muss. Peltokoski gelang es während den 140 Minuten, eine in allen Punkten ideale Balance zwischen Sängern, Orchester und Chor zu erreichen. Sein spannendes und enorm sängerfreundliches Dirigat bestach durch höchste Konzentration und Aufmerksamkeit. Auch wuste der junge Finne, wo er das Orchester von der Leine lassen konnte und wo er die Musiker zurücknehmen musste, um begleiten zu können. Das Luxembourg Philharmonic begeisterte durch einen vollen und runden Klang, herrliche dynamische Abstufungen, sowie ein sehr transparentes und feines Spiel. Obwohl Peltokoski die Ouvertüre mit Fug und Tempo vorwärtsdrängte, so waren es doch die wunderbaren kammermusikalischen Feinheiten, die sein Dirigat auszeichneten. Und das kam besonders den Sängern zugute.

Die unattraktive Rolle der Mary, oft für altgediente, matronenhafte Sägerinnen reserviert, wurde makellos mit frischer und gesunder Stimme von Catriona Morison gesungen. Großartig auch David Fischer als Steuermann, dessen heller, lyrischer Tenor eine Idealbesetzung darstellte. Für den erkrankten Christoph Fischer sprang Altmeister Albert Dohmen als Daland ein, der immer schon ein sehr kluger Säger gewesen war und heute mit 68 Jahren noch immer über ein beeindruckendes Stimmmaterial verfügt.

Viele renommierte Tenöre hatten und haben oft besondere Mühe mit der Partie des Erik, die nicht zu unterschätzen ist. Und ich muss zugeben, ich habe bisher noch keinen Tenor gehört, der diesen Part so schön und fehlerfrei gesungen hat, wie der finnische Tenor Tuomas Katajala. Dazu besitzt Katajala eine makellose Stimmführung, eine sichere Höhe und ein sehr angenehmes Timbre.

Die wohl ungewöhnlichste Besetzung war Brian Mulligan als Holländer. Man mag ihn vielleicht als Fehlbesetzung erlebt haben, denn von der Schwärze und der teuflischen Präsenz der großen Holländer-Interpreten von Hans Hotter und George London über Thomas Stewart und Bernd Weikl bis hin zu Bryn Terfel, Albert Dohmen und Michael Volle besitzt Mulligan recht wenig. Sein Heldenbariton ist eher hell, biegsam und lyrisch angelegt und so interpretierte er auch die tragische Figur des Holländers. Hier trat das Menschliche an die Oberfläche, die Figur war verzweifelt, angsterfüllt und unsicher und sein Vortrag ließ in jedem Moment erahnen, wie sehr sich dieser Holländer nach Liebe und Erlösung sehnt. Und so gesehen warf Mulligan eine interessante Perspektive auf diese Figur. Dass er leider im Duett mit Senta plötzlich einen Frosch in den Hals bekam oder sich verschluckte, war unglücklich, denn er erholte sich nur schwer von diesem Missgeschick und sang ab dann mit zurückgenommener Stimme. Seine Partnerin Gabriela Scherer als Senta war hervorragend. Sie ist eine Sängerin, die diese Partie ohne Geschreie durchsang und dabei immer wieder feinste Nuancen erkennen liess. Die Stimme war sehr gut fokussiert und floss unangestrengt von Höhepunkt zu Höhepunkt. Dabei nahm sie ab der Mitte des Duetts im zweiten Akt hörbar Rücksicht auf Brian Mulligan, so dass beide Stimmen trotzdem weiterhin sehr gut harmonisierten. Auch psychologisch interpretierte  Gabriela Scherer eine in allen Momenten glaubhafte Senta. Eine hervorragende Leistung kam auch vom Polish Radio Choir-Luslawice und von den Katowice City Singers‘ Ensemble Camerata Silesia, die Tarmo Peltokoski zu einer Höchstleistung anspornte. Fazit: Eine in allen Hinsichten überragende und fast perfekte Aufführung von Wagner Fliegendem Holländer.

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