Valery Gergiev
(c) Cami/LSO/Alberto Venzago

Auch in ihrem zweiten Konzert dieser Saison in der Philharmonie konnten das Mariinsky Orchestra und Valery Gergiev unseren Mitarbeiter Alain Steffen nicht überzeugen.

Wenn man schon zwei Werke auf das Programm setzt, die bei ihren Uraufführungen beim Publikum durchgefallen sind (obwohl das nicht immer etwas zu bedeuten hat) und auch heute nicht zu den Rennern des Repertoires gehören, dann muss man sich schon etwas Mühe bei den Interpretationen geben, um diese Werke in ein positives Licht zu stellen.  Weder Rachmaninovs 1. Symphonie, ein Jugendwerk, noch sein letztes komponiertes Stück, die Symphonischen Tänze, besitzen von sich aus genug musikalisches Potenzial, um das Publikum zu begeistern. Scheint die 1. Symphonie noch voller Ideen, die der Komponist dann quasi puzzleförmig zusammenfügt, so enttäuschen die Symphonischen Tänze durch Strecken, wo musikalisch einfach nichts passiert. Rachmaninov hielt dieses Stück, wie übrigens auch Die Glocken, für sein bestes Werk. Nun, zwei solch problematische Stücke in einem Konzert zu spielen, ist sehr risikoreich, auch wenn es programmatische und musikalische Querverweise zwischen der 1. Symphonie und den Symphonischen Tänzen gibt, die für diese Paarung sprechen.

Gergiev und das Mariinsky Orchestra begegneten den beiden Werken mit sehr viel Routine. Anstatt die Kanten zu schärfen und die Akzente zu betonen, entschied sich Gergiev für einen uninteressanten und diffusen Mischklang. Diese russische Omelette vereitelte dann auch eine genaue Betrachtung der musikalischen Substanz, da Formen, Linien und Melodienstränge kaum ausgemacht werden konnten. Zudem beeinträchtigten relativ unpräzise, körperlose Streicher und ein oft grelles Blech den Hörgenuss, während das Holz dagegen sehr schön ausphrasieren durfte. Dies ist allerdings für ein Orchester wie das Mariinsky Orchestra deutlich zu wenig.

Wenig Engagement bei den Musikern, kaum Dynamik im Spiel und ein Dirigent, der seine einstige große Kunstfertigkeit einer erschreckenden Oberflächlichkeit geopfert hat, werden keinen nachhaltigen Eindruck bei uns hinterlassen. Wenig begeistert war auch der Applaus des Publikums. Die Zugabe wurde dann auch ziemlich rasch gegeben. Und wie schon im September war es das Finale aus Stravinskys Feuervogel. Nach seiner Tannhäuser-Pleite in Bayreuth und zweischwachen Konzerten mit dem Mariinsky Orchestra scheint Gergiev definitiv unter die uninteressanten Dirigenten gerutscht zu sein.

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