Mit einem rein russischen Programm präsentierte sich die’ Filarmonica della Scala’, am gestrigen Samstag in der Philharmonie. Alain Steffen war für Pizzicato dabei.
Italienische Orchester waren lange nicht für ihre Klangkultur und ihr spielerisches Niveau bekannt. Erst seit wenigen Jahren hat das Orchester ‘Santa Cecilia’ aus Rom unter Pappano den Sprung auf das internationale Parkett geschafft. Und was die ‘Filharmoica della Scala’ an Qualität mitbringt, braucht sich ebenfalls vor keinem anderen Spitzenorchester zu verstecken.
Nach Claudio Abbado, Carlo Maria Giulini und Riccardo Muti steht nun Riccardo Chailly dem Orchester als Chefdirigent vor. Auf dem Programm des Luxemburger Konzertes standen die 2. Symphonie, die ‘Kleinrussische’ von Piotr Tchaikovsky, die Orchestersuite aus der Oper ‘Lady Macbeth von Mtsensk’ von Dmitri Shostakovich sowie ‘Petrouchka’ von Igor Stravinsky.
Tchaikovskys Zweite genießt nicht den Ruf eines erstrangigen Werks und braucht einen vorzüglichen Dirigenten, um zur Wirkung zu gelangen. Chailly hat sich ernsthaft mit dem Werk beschäftigt und legte in seiner Interpretation alle musikalischen Stränge offen. Die Soli, nicht nur in diesem Werk, wurden hervorragend herausgearbeitet und gespielt, die Stimmung passte und die Virtuosität und Spiellust, mit der die Musiker der ‘Filharmonica’ zu Werke gingen, ließen das Werk aufblühen.
Shostakovichs Orchestersuite dirigierte Chailly mit scharfen Kanten und einer packenden Dynamik. Die Räumlichkeit war optimal, so dass die Musik trotz ihrer Komplexität sehr gut atmen konnte. Dieser musikalische Sprint wirkte sich dann auch sehr positiv auf das letzte Werk des Abends, nämlich Stravinskys ‘Petrouchka aus. Die Musiker hatten die Spannung noch in den Fingern und das Adrenalin im Körper, um hier eine in allen Hinsichten packende Interpretation abzuliefern. Sie spielten enorm konzentriert und folgten Chaillys präzisem und akzentreichem Dirigat sehr aufmerksam. Im Gegensatz zu anderen Kollegen, die diese Musik gerne etwas romantisch und gefällig dirigieren, blieb Chailly sehr klar in der Auslegung und betonte insbesondere die Architektur. Indem sich Dirigent und Orchester keinen aufgesetzten Gefühlen hingaben, entwickelte sich die Musik wie von selbst und aus ihrem Kern heraus. Somit gewann ‘Petrouchka’ an Natürlichkeit und auch an Modernität, die Musik wurde wieder näher an das Ballett gerückt.
Das Publikum reagierte zu Recht mit Begeisterung, so dass die ‘Filharmonica’ und Chailly noch einen weiteren Leckerbissen zum Besten gaben. Als Zugabe erklang die prächtig gespielte Ouvertüre zu Rossinis ‘Wilhelm Tell’. Mit lautstarken Bravo-Rufen und ‘Standing Ovations’ wurden Chailly und seine Scala Musiker vom Luxemburger Publikum verabschiedet.