Philharmonie Luxembourg
(c) Wade Zimmermann

Cecilia Bartoli und Isata Kanneh-Mason traten rezent in der Philharmonie Luxembourg auf, die eine mit einem ungewöhnlichen Programm und stimmlicher Feinarbeit, die andere mit pianistischem Feuer und einer brillanten Technik. Unser Mitarbeiter Alain Steffen hat sich beide Konzerte angehört.

Cecilia Bartoli

Höchstes Niveau und höchste künstlerische Darbietung zeichnen schon seit Jahrzehnten die Konzerte der italienischen Sängerin Cecilia Bartoli aus. Die Koloratur-Mezzosopranistin, die einen Stimmumfang von zweieinhalb Oktaven besitzt, begeisterte auch bei ihrem diesjährigen Konzert, bei dem sie von Orchester Les Musiciens du Prince-Monaco unter der Leitung von Gianluca Capuano begleitet wurde. Aber es war kein typischer Bartoli-Abend, denn mit dem Countertenor Carlo Vistoli und dem Oboisten Pier Luigi Fabretti standen noch zwei weitere Solisten auf der Bühne der Philharmonie. Anstatt des gewohnten Arien-Potpourris wurden diesmal ernstere Töne angeschlagen, war doch das Hauptwerk des Abends Giovanni Battista Pergolesis Stabat Mater.

Davor standen Antonio Vivaldis Motette Clarae stellae, scintillate, Händels Ode for Ste Cecilia’s day und das d-Moll-Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo SF 799 von Alessandro Marcello auf dem Programm. Carlo Vistoli glänzte mit noblem und intonationssicherem Gesang (Vivaldi, Pergolesi) während sich der Oboist (und Ensemblemusiker) Pier Luigi Fabretti mit einem ebenso wunderschönen, wie technisch brillantem Spiel den Zuspruch des Publikums sicherte. Als Partner von Cecilia Bartoli begeisterte er mit einfühlsamem, kantablem Spiel (Händel), während er sich in dem kurzen Oboenkonzert von Marcello als ein Meister der Nuancen und Klangfarben entpuppte.

Cecilia Bartoli selbst sang nur Händels Ode und das Stabat Mater von Pergolesi, dies, wie immer mit vollendeter Stimmführung, perfektem Vortragsstil und feinfühligem Gesang. Nach einem Stabat Mater eine Zugabe zu geben, ist eine eher heikle Sache. Aber mit Lascia, la spina von Händel, eine der Lieblingsarien Bartolis, wurde eine geschmackvolle Alternative gefunden. Zusammen mit Carlo Vistoli sang die Primadonna noch das Amen aus der Stabat Mater-Transkription von Johann Sebastian Bach. Capuano und seine Musiciens du Prince boten den ganzen Abend über wundervolle barocke Klänge auf ihren historischen Instrumenten.

Die junge englische Pianistin Isata Kanneh-Mason hat schon international auf sich aufmerksam gemacht. Im Kammermusiksaal der Philharmonie gastierte sie mit Werken von Mozart, Gubaidulina, Alberga, Rachmaninov und Chopin. Unterschiedliche Komponisten und unterschiedlicher Perioden also, die die Vielseitigkeit der jungen Pianistin hätten widerspiegeln können. Doch Isata Kanneh-Mason hatte sich fast ausschließlich für virtuose Stücke entschieden, die zwar ihre atemberaubende Fingerfertigkeit bestens in Szene setzen, einen tieferen Einblick in ihr Können allerdings nicht erlaubten.

Isata Kanneh-Mason
(c) Eric Devillet

Mozarts Klaviersonate Nr. 14 KV 457 wurde regelrecht skulptiert, was einen interessanten Interpretationsansatz bot, mit dem die Pianistin auf Bach und Haydn verwies. Virtuos und gekonnt erklang die 2. Ballade F-Dur von Chopin. Es gab kaum Zeit zum Atemholen, schon stürzte sich die Pianistin mit ungeheurem Elan in die tolle Chaconne von Gubaidulina. Nach der Pause enttäuschte Eleanor Albergas plakativ wirkendes Auftragswerk Cwicseolfor, ein technisch brillantes Showstück mit leider zu viel Virtuosität.

Bei Sergei Rachmaninovs Etudes-Tableaux Nr. 1,2, 4,5 & 6 konzentrierte sich Isata Kanneh-Mason fast ausschließlich auf die Effekte und ließ Nuancen erst gar nicht aufkommen

Man wäre gespannt gewesen zu hören, wie sie in ihrem Konzert die Musik der verschiedenen Epochen hätte atmen lassen, einen musikalischen Bogen hätte phrasieren können und wie sie die tiefe Emotionalität eines Stückes begreifen würde. Stattdessen wurde das Konzert zu einem regelrechten Feuerwerk, spannend, virtuos, technisch brillant, aber doch recht plakativ und ohne wirkliche Seele. Und auch bei der Zugabe, einem Prelude von Gershwin, ging es pianistisch noch recht heiß zu.

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