Orchestre Philharmonique du Luxembourg, Gustavo Gimeno
(c) OPL

In den letzten Jahren hat man bei der Topqualität des Luxembourg Philharmonic fast vergessen, dass das Orchester auch manchmal zu nur mittelmäßigen Konzerten fähig ist. Das war gestern der Fall, wo das Orchester unter Gustavo Gimeno ein reines Brahms-Programm spielte. Alain Steffen berichtet.

Im ersten Teil durfte Artist-in-Residence Hélène Grimaud im 1. Klavierkonzert ihr phänomenales Können unter Beweis stellen und ließ das Publikum an einer äußerst spannenden, oft bis in die Extreme gehenden Interpretation teilnehmen. Grimaud kennt das Werk natürlich in und auswendig, doch man spürte in keinem Moment eine ungesunde Routine. Vielmehr schärfte sie die Akzente, insbesondere im Kopfsatz und im Finale ging sie gerne Risiken ein und meißelte die Musik quasi aus dem Stein, um dann aber wieder zu einer wunderschönen, harmonischen und melodischen Linie zurückzukehren. Trotz der emotionellen Extreme blieb

Hélène Grimaud
(c) Sébastien Grébille

die Musik immer in einer Balance. Es war ein eher  unruhiger Brahms, der eigentlich nur im langsamen Mittelteil zu sich fand.

Die Orchestermusiker  fanden im ersten Satz allerdings  schwer zusammen, da wollte vieles nicht klappen und das Orchester klang an vielen Stellen nicht homogen. Gimeno dirigierte etwas uneinheitlich, so dass die Musik nur schwer aus sich hinauswachsen konnte. Hat es an den Wünschen der Pianistin gelegen hat, dass er das Tempo manchmal stark zurückgenommen, oder war es durch die Unsicherheit im Orchester bedingt? Jedenfalls können Gimeno und das Luxemburg Philharmonic es normalerweise viel, viel besser. Sehr schön geriet der 2. Satz, wenn es auch hier etwas  an Innenspannung mangelte. Am besten gelang dem Orchester dann der letzte Satz, bei dem dann auch noch einmal die Pianistin Hélène Grimaud ihr unwahrscheinlich intensives und virtuoses Spiel auf die Spitze trieb und einen atemberaubenden Schluss hinlegte. Auch im zweiten Konzertteil taten sich die Musiker mit Brahms‘ 4. Symphonie eher schwer. Man hatte den Eindruck, dass Gustavo Gimeno nicht so richtig den Zugang zu Brahms‘ Musiksprache fand. Vieles wirkte gekünstelt, wie Melodienbögen wollten sich nicht so richtig entwickeln. Doch immer wieder gab es betörend schöne und ergreifende Momente, wie im 2. und 4. Satz, aber kohärent und fließend war das nicht. Viele Unsicherheiten in den Pulten, einige falsche Töne und ein seltsam kompaktes, flaches Klangbild lassen uns diesen Konzertabend schnell vergessen.

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