Jérôme Fellerich
(c) Eric Engel

Seit 2005 gibt es in Luxemburg die Philharmonie. Wie in vielen Ländern ist die Finanzierung eines solchen Hauses eine Mischung von öffentlichen Zuschüssen, Eigeneinnahmen und Geldern von Mäzenen. Über dieses Thema hat sich Alain Steffen mit Jérôme Fellerich, Accountant of Finance Division der Philharmonie unterhalten.

Wie kann man sich die Finanzierung eines großen Hauses wie der Philharmonie Luxemburg eigentlich vorstellen? Wo kommen die Gelder her? Wie werden sie verteilt?
Ein Teil der Gelder kommt natürlich vom Verkauf der Konzertkarten, ein anderer über das Vermieten der Konzertsäle an externe Veranstalter, wie beispielsweise die Solistes Européens Luxembourg, die hier ihre Konzerte organisieren. Ein großer Teil der Finanzierung wird über Zuschüsse vom Kulturministerium abgedeckt, um das interne Funktionieren zu garantieren und um somit die uns anvertraute Mission bestmöglich zu erfüllen. Deshalb wird auch beim Ministerium im Vorfeld ein Budget angefragt, das wir für die kommende Spielzeit brauchen und um damit in allererster Linie die Löhne unserer Mitarbeiter zu garantieren. Man kann sagen, dass ungefähr ein Drittel der Gelder über Eigenwirtschaft und zwei Drittel über Zuschüsse kommen.

Einen wesentlichen Anteil an den Ausgaben aber sind doch sicherlich auch die Gagen der Künstler. Und ich kann mir vorstellen, dass die Finanzierung eines amerikanischen Symphonieorchesters samt Solisten und Dirigent nicht gerade billig ist.
Da kommen natürlich auch noch die Kosten für das begleitende Team, die Reise- und die Hotelkosten dazu. Trotzdem gelingt es uns, den allergrößten Teil der Unkosten durch den Verkauf der Tickets abzudecken. Uns geht es nicht darum, Profite einzufahren, sondern vor allem dem luxemburgischen Publikum erstklassige Konzerte zu bieten, wenn diese auch teuer sind.

Jérôme Fellerich
(c) Eric Engel

Im Vergleich mit anderen Häusern ist die Philharmonie Luxemburg, was die Eintrittspreise anbetrifft, quasi konkurrenzlos. In anderen Ländern, insbesondere in Deutschland, Österreich oder der Schweiz zahlt man für das gleiche Konzert gerne das Doppelte, im Rahmen eines Festivals sogar das Dreifache.
Die Nachfrage bestimmt oft den Preis. Andere Häuser haben oft eine andere Finanzierungspolitik und weniger Zuschüsse. Und müssen deshalb die Karten teurer verkaufen. Oder sie wollen einfach nur Profit machen. Deshalb kann ein Festival wie das Lucerne Festival auch so ungeheuer schnell wachsen. Somit ist Profit nicht unbedingt als etwas Negatives anzusehen. In Pandemiezeiten ist die Situation natürlich anders. Große Symphoniekonzerte rechnen sich nur bei vollbesetztem Saal. Wenn wir aber nur 100, 500 oder die Hälfte der Plätze besetzen konnten, wurden solche Konzert quasi unmöglich. Mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg ist das wieder eine andere Sache. Da besteht eine Fusion seit fast zehn Jahren, so dass die Finanzierung des Orchesters und der Konzerte bereits im Budget festgehalten ist. Das sind also keine Mehrkosten, auch wenn das OPL zweimal vor nur 100 Zuhörern spielt.

Wenn das OPL auf Tournee geht, dann kommen ja auch Gelder herein. Was passiert damit?
Ja, die werden dann an sich dem Orchester gutgeschrieben. Wir haben als Philharmonie an sich ein Einnahmebudget, einen Pott, das in verschiedene Kategorien wie Zuschüsse, Konzert-Einnahmen, usw. eingeteilt ist. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben. Was aber wiederum nicht heißen will, dass Gelder auch mal die Kategorien wechseln können. Wir versuchen, die Finanzierung in allen Bereichen so flexibel und transparent wie möglich zu halten. Aber jede Einnahme und jede Ausgabe müssen ganz klar belegt werden.

Wer verhandelt denn die Gagen mit den ausländischen Künstlern?
Unser Bereich macht das nicht. Wir haben nur eine Kontrollfunktion und kümmern uns um das rein Praktische. Wenn ein Budget einmal überschritten werden muss, dann läuft das natürlich über unseren Tisch. Und wenn diese Ausgaben sehr hoch sind, dann muss der Finanzchef Alexander Colonerus persönlich grünes Licht geben. Wir sind an sich ein Buchhaltungsbetrieb und wickeln die ganzen finanziellen Sachen ab, bezahlen Rechnungen, angefangen bei den Löhnen über die Gagen bis hin zu den Hotel- und Transportunkosten und achten darauf, dass die vielen Schubladen korrekt gefüllt sind. Natürlich müssen wir auch manchmal sehr schnell und flexibel reagieren. Wir haben ebenfalls ein spezielles Kartenprogramm, wo der Verkauf der Karten und Abonnements verwaltet wird. Und was einen sehr großen Brocken darstellt. Aber auch hier beginnt die Arbeit im Kartenbüro, das einen eigenen Verantwortlichen in Sachen Finanzen hat und schon einen wichtigen Teil der Arbeit übernimmt. Erst dann kommt alles zu uns.

Die Philharmonie vergibt ja auch Kompositionsaufträge. Wie verhält es sich damit?
Auch hier haben wir eine gewisse Flexibilität. Die Kompositionsaufträge werden vom Zuschuss des Ministeriums bezahlt. Die Philharmonie behält aber hier alle Freiheiten, welches Werk an welchen Komponisten in Auftrag gegeben wird. Und meistens passiert das ja in Zusammenarbeit mit anderen Konzerthäusern. Somit werden die Kosten für jeden niedriger und das Werk wird dann auch an mehreren Plätzen aufgeführt, das ja gerade bei einem zeitgenössischen Werk sehr wichtig ist.

Wie steht es denn mit den Sponsoren?
Wir haben regelmäßige Partner, die uns schon lange treu sind und auf die wir bauen können. Aber es gibt auch Sponsoren, die im Rahmen einer Kampagne nur punktuell aktiv werden. Aber alle Sponsoren definieren ganz klar, welches Konzert sie unterstützen wollen und werden dann auch in den Programmheften und in der Broschüre namentlich genannt oder über Beamer vor dem Konzert im Saal an die Wand projiziert. Sie nehmen allerdings keinen Einfluss auf die Programmgestaltung. Wir bieten ihnen die Künstler und Konzerte mit einem feststehenden Programm an und sie entscheiden dann, welches Konzert sie finanziell unterstützen wollen. Es gibt Sponsoren, die sind an den großen Symphoniekonzerten interessiert, wir haben aber auch Sponsoren die wollen unbedingt andere Serien oder auch Kinderproduktionen unterstützen. Man muss allerdings auch sagen, dass wir hier spüren, dass das Geld nicht mehr so locker sitzt, wie noch vor ein paar Jahren und die Corona-Krise hat das nicht besser gemacht. Aber Achtung, Sponsoring bedeutet nicht nur eine finanzielle Unterstützung. Es gibt auch Sponsoren, die uns materiell unterstützen und uns beispielsweise unseren Fuhrpark zur Verfügung stellen. Nicht zu vergessen, all die privaten Sponsoren und Mäzene, die ebenfalls unheimlich wichtig sind. In Luxemburg gab es ja nie eine wirkliche Mäzenen-Szene, wie in anderen Ländern, aber wir stellen fest, dass es seit ein paar Jahren immer mehr Menschen gibt, die sich auch privat für die Philharmonie einsetzen und sie unterstützen. Diese Freiwilligkeit der Mäzene, etwas für die Gemeinschaft zu tun, ist an sich etwas sehr Schönes. In den USA beispielsweise gehört das bereits seit langem zum guten Ton. Aber das hat auch wieder sehr viel mit dem jeweiligen Steuersystem zu tun. In den USA sind die Steuern sehr niedrig, deshalb erwartet man von den Reichen, dass sie etwas für die Gesellschaft tun und einen Teil ihres Geldes quasi ‘zurückgeben’. Aber wir merken auch, dass sich bei uns nach und nach eine wahre Fan-Philosophie entwickelt und dass unsere Mäzene auf eigene Kosten mit auf die die OPL-Tourneen gehen und somit ihre persönliche Verbundenheit mit dem Orchester zeigen und leben.

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