Philharmonie Luxembourg
(c) Wade Zimmermann

Pizzicato-Mitarbeiter Alain Steffen erlebte am Montag einen großartigen Konzertabend in der Luxemburger Philharmonie. Zu Gast war das Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks unter seinem Chefdirigenten Simon Rattle.

Als zwischen 1968 und 1964 die erste Gesamtaufnahme der Symphonien von Anton Bruckner unter Eugen Jochum stattfand, verpflichtete die Plattenfirma Deutsche Grammophon neben den Berliner Philharmonikern auch das noch damals recht junge Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks. Und seither gilt dieses Orchester sowohl als Bruckner- wie auch als Mahler-Orchester. Heute ist das Symphonieorchester des BR zudem wohl das einzige Rundfunkorchester Deutschlands, das Weltniveau erreicht hat und mit allen großen internationalen Klangkörpern mithalten kann.

Simon Rattle
(c) Sébastien Grébille/Philharmonie Luxembourg

Das zeigte sich auch beim Gastspiel in der Luxemburger Philharmonie am vergangenen Montag. Unter der Leitung von Simon Rattle spielte das Orchester die Rhapsodie für Orchester Taras Bulba von Leos Janacek sowie die 7. Symphonie von Anton Bruckner. Taras Bulba bezieht sich auf Gogols Bearbeitung der ukrainischen Sage des Kosaken Taras Bulba, der nach erfolgreichem Kampf gegen die Polen 1628 den Heldentod fand. Die symphonische Rhapsodie besteht aus drei Sätzen, von denen jeder das Thema Tod verarbeitet. Im ersten Teil wird Taras Bulbas Sohn Andrij, der sich in eine Polin verliebt und seine Kameraden verrät, von seinem Vater erschossen. Der zweite Satz schildert, wie Bulbas Sohn Ostap vor den Augen seines Vaters von den Polen gefoltert und getötet wird. Der letzte Satz beschreibt den Tod Bulbas auf dem Scheiterhaufen und erzählt von dessen großer Vision von einer glorreichen Zukunft seines Volkes.

Simon Rattle hüllte die Musik in eine ebenso emotionale wie klangliche Dichte. Er gestaltete das düstere Werk sehr nuanciert und kontrolliert, was zu einer mustergültigen Klangbalance und einem sehr natürlichen Atem führte.

Auch die beliebte 7. Symphonie von Bruckner mit ihrem großen Melodienreichtum wirkte unter Rattles Leitung sehr kontrolliert und teilweise auch sehr zurückgenommen. Wie bei Janacek betonte Rattle die horizontale Entwicklung der Musik, bei der Melodie, Rhythmus und Kontrapunkt quasi als eine fortlaufende Linie gelesen wurden.

Rattle nahm das Tempo auch stark zurück, so dass diese lineare Entwicklung sehr deutlich vernehmbar wurde, ohne allerdings je analytisch zu wirken. Zugleich schaffte es der Dirigent, die Spannung permanent aufzubauen resp. so zu modellieren, dass jeder Satz wie ein lebender Organismus pulsierte. Effekte und emotionales Überladen waren dabei nicht nötig.

Rattles Interpretation wirkte reif, überlegen und unaufgeregt und berührt gerade dadurch sehr stark. Rattle lässt die Musik für sich sprechen. Diese Konsequenz einer uneigennützigen Interpretation und das in allen Hinsichten phänomenale Spiel des Orchesters – und hier ist natürlich und insbesondere der Blechbläserapparates mit den Wagner-Tuben zu erwähnen – machten aus dieser 7. Symphonie ein wahres Klangerlebnis und eine großen, ehrliche Bruckner-Interpretation.

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