Das Orcheste symphonique de Montréal war unter seinem Chefdirigenten Rafael Payare und mit dem Pianisten Daniil Trifonov zu Gast in Luxemburg. Alain Steffen war bei diesem spektakulären, wenn auch etwas plakativen Konzert dabei.
Das schöne, unbeschwerte und virtuose 1. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven ist natürlich absolut kein Problem für einen Pianisten wie Daniil Trifonov. Sein Spiel war wie immer von einer unglaublichen Perfektion und wunderbaren Leichtigkeit. Trifonov traf in den Ecksätzen genau den richtigen Ton; leichtfüßig, elegant, mit Mozart im Rücken spielte er dieses Konzert ohne dabei Bezug auf die späteren Konzerte zu nehmen. In diesem Sinne blieb seine Interpretation authentisch und stilecht. Herrlich war auch der langsame Mittelsatz, bei dem Trifonov jede Note auszukosten schien. Leider schien Trifonov nicht sonderlich gut gelaunt. Es kam zu keinem Kontakt mit dem Publikum, auf der Bühne machte er sein Ding und verzichtete trotz großen Jubels auf eine Zugabe. Vielleicht lag es daran, dass Rafael Payare nicht der richtige Dirigent für seine Interpretation war. Dieser setzte nämlich nur voll auf die Virtuosität der Musik und ließ dabei einen plakativen, aber immer kraftvoll spannenden Beethoven ohne viele Nuancen oder Akzente spielen. Das Orchester erwies sich dabei als klangschöner, reaktionsschneller Klangkörper.
Die Blütezeit des Orchestre symphonique de Montréal lag zwischen 1977 und 2002, als Charles Dutoit das Orchester zur Weltspitze führte und mit dem Orchester unzählige Tourneen weltweit unternahm. Damals ging es der Schallplattenindustrie noch gut und die exzellenten Aufnahmen, die Dutoit mit Montréal für Decca machte wurden preisgekrönt und verkauften sich wie warme Semmeln. Nach Dutoits Abgang ist es dann ruhiger um das Orchester geworden, und weder Jacques Lacombe (als 1. Gastdirigent zwischen 2002 und 2004) noch Kent Nagano (2006 -2020) konnten an vergangene Erfolge anknüpfen. Seit 2022 steht nun Rafael Payare an der Spitze des Orchesters. Payare ist ein Hitzkopf und Tänzer auf dem Podium. Das verfehlte auch seine Wirkung bei Berlioz Symphonie fantastique nicht: Das Orchestre ging in jedem Moment mit und übertraf sich selber, zumindest was Virtuosität und Klangpracht betraf. Detailarbeit aber suchte man vergebens. Stimmungen, Farben all dies wurde bestenfalls nur angedeutet. Aber vielleicht dürfen Klangspektakel und Show auch einmal sein, besonders wenn das Resultat so ausfällt, wie an diesem Abend. Es machte einfach Spaß, dem tanzfreudigen Payare zuzusehen und dem atemberaubenden Spiel des Orchesters zuzuhören. Kein Wunder, dass das Publikum im vollbesetzten Saal am Schluss tobte und dafür noch Berlioz’ Marche Hongroise als spektakuläre Zugabe erhielt.