Der finnische Dirigent Jukka Pekka Saraste kehrte am Freitag nach zwei Jahren Abwesenheit mit einem Stravinsky-Shostakovich-Tchaikovsky-Programm zum Luxembourg Philharmonic zurück.
Das Konzert begann mit einem selten gespielten Werk von Stravinsky, nämlich dem atmosphärisch dichten Frühwerk Chant funèbre op. 5 aus dem Jahre 1908, wo der Komponist bereits Elemente der Filmmusik vorausnimmt. Die Musik schafft düstere Bilder, die mit ihrem fesselnden und narrativen Charakter den Zuhörer regelrecht gefangen nehmen, ohne dass man aber jetzt von wirklich großer Musik sprechen kann. Saraste dirigierte das Werk mit einem sehr natürlichen Gestus, er ließ die Musik aus sich heraus wirken und verzichtete auf eine zu überladene Interpretation. Man kennt Saraste als Dirigenten, der es ohne plakative Effekte immer wieder schafft, dem Publikum den Kern der Musik offenzulegen.

Leonidas Kavakos
(c) Marco Borggreve
Wohl ausbalanciert, ehrlich und prächtig in der Orchesterarbeit erklang anschließend das 1. Violinkonzert op. 77 von Dimitri Shostakovich, ohne Zweifel eines der größten Violinkonzerte des 20. Jahrhunderts. Es ist ein Konzert, das durch seine ungewöhnliche Struktur auffällt und somit den Hörer quasi zwingt, zuzuhören. Der Solist Leonidas Kavakos leiste an diesem Abend Überragendes. Sein transparentes, technisch makelloses Spiel besaß filigranen Charakter und ergänzte sich perfekt im Zusammenspiel mit Sarastes unaufdringlichem, aber sehr präsenten Dirigat. Kavakos ist ein Interpret, der die Musik erzählen kann. Und so gestaltete er dieses Violinkonzert als eine wunderbare Erzählung voller Poesie, Tragik und Ironie, deren Kraft in vielen Details und in einem kammermusikalischen Spiel mit den Orchestermusikern lag.
Nach der Pause folgte Tchaikovskys 6. Symphonie, die Pathétique. Saraste entschlackte die Musik, ohne ihr etwas von ihrer Wirkung zu nehmen. Im Gegenteil, indem Saraste die Symphonie von Schwulst, überladenen Emotionen und falschem Pathos befreite, gewann sie an Dichte und Überzeugungskraft. Keine schluchzenden Geigen im ersten und letzten Satz, kein Blechgewitter im dritten; Jukka-Pekka Saraste dirigierte die 6. Symphonie mit natürlichem Atem, einem konsequent logischen Spielaufbau und einer wunderbaren inneren Balance. Er nutze die Topqualitäten des Luxembourg Philharmonic (u.a. herrliche Holzbläser) und das räumliche Empfinden der Musiker für eine in allen Punkten ausgewogene Interpretation. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich mich nicht erinnern kann, je eine derart schlichte, schöne und packende Pathétique im Konzertsaal gehört zu haben.


















