Franz Welser-Möst
Photo: Don Snyder

Franz Welser-Möst gehört nicht zu jenen Dirigenten, die sich als Pultstars sehen. Vielmehr zeichnet sich der österreichische Dirigent durch kapellmeisterliches Handwerk, glasklare Analyse und ein schlüssiges Interpretations- und Programm-Konzept aus, schreibt  Alain Steffen über zwei Konzerte mit dem Cleveland Orchestra in der Luxemburger Philharmonie.

Das ‘Cleveland Orchestra’ bereist dieses Jahr Europa mit einem ganz speziellen Programm. Es gehört schon etwas Mut dazu, die Orchesterfassung von Ludwig van Beethovens Streichquartett op. 132 auf das Programm zu setzen. Denn das Werk ist in dieser Fassung doch etwas heikel. Viel zu weich kam denn auch der Orchesterklang daher, Akzente wurden geglättet und die imminente, deutliche Sprache des Originals etwas verwässert. Natürlich begeisterte das ‘Cleveland Orchestra’, für mich nach wie vor eines der besten Orchester der Welt, mit einem silbrig-schwebenden, in jedem Moment präzisen Klang. Die Einsätze waren punktgenau, der Klang besaß eine Homogenität, bei der man einfach nur den Atem anhalten musste. Franz Welser-Möst dirigierte Beethovens op. 132 ohne Sentimentalität, klar in der Linienführung und mit größtmöglicher Transparenz.

Welch außergewöhnliche Spiel- und Klangqualitäten das ‘Cleveland Orchestra’ besitzt, das spürte und hörte man im ‘Sacre du Printemps’ von Igor Stravinsky. Ich habe dieses Werk schon von vielen großen Orchestern und mit vielen namhaften Dirigenten gehört, aber so schön und transparent, so kammermusikalisch und rund nur ganz selten. Franz-Welser Möst setzte auf Feinheit, arbeitete Instrumente und Instrumentengruppen klar heraus, öffnete das Klangbild zu einen dreidimensionalen Klangerlebnis und führt das ‘Cleveland Orchestra’ zu einer phänomenalen orchestralen Leistung. Das Wilde, das Gefährliche, ja das Ursprüngliche, das Stravinskys Meisterwerk auszeichnet und das andere Dirigenten darstellen, kam hier nicht zum Ausdruck.

Als Zugabe hatte sich das Orchester ein wundervolles und sehr passendes Stück ausgewählt. Auf die ‘Frühlingsweihe’ von Stravinsky folgte der ‘Karfreitagszauber’ aus Wagners ‘Parsifal’, der zum Höhepunkt des Abends wurde. Die Orchesterleistung war atemberaubend und Welser-Mösts Dirigat von großer Sensibilität, Farbenreichtum und Schönheit.

Am zweiten Abend gab es ebenfalls ein ungewöhnliches Programm. Respekt vor den Musikern und den Organisatoren, dem internationalen Publikum ein Werk wie Leos Janaceks ‘Das schlaue Füchslein’ auf einer Tournee zu präsentieren. Leider ist Janacek auf den Opernbühnen noch immer die Ausnahme und leider wird die Oper  ‘Das schlaue Füchslein’, eine der schönsten der gesamten Opernliteratur, völlig unterschätzt. Die konzertante Aufführung (auf die bei dieser Tournee in Wien gezeigte multimediale szenische Aufführung hatte die Philharmonie Luxemburg verzichtet) war eine musikalische Sternstunde. Die Hauptrollen waren treffend besetzt und glänzten mit wunderbaren Stimmen. Allen voran Martina Jankova als Füchslein, Alan Held als Förster und Jennifer Johnson Cano als Fuchs. Jankova besitzt ein herrlich leichtes Timbre und eine sehr flexible Stimmführung, die ideal zu dieser Rolle passt. Dem mächtigen Bass-Bariton von Alan Held, einem der gefragtesten Wotan-Sänger der Gegenwart, zuzuhören war schlichthin ein Genuss und die außergewöhnliche Stimme von Jenifer Johnson Cano eine echte Überraschung.

Weiterhin sangen Raymond Aceto, Daryl Freedman, Dashon Burton, David Cangelosi, Sandra Ross, Clarissa Lyons, Brian Keith Johnson und Marian Vogel und ergänzten die Hauptpartien auf hohem Niveau. Großes Lob auch für die fünf Solisten der ‘Pueri Cantores’, Clément Rousseau, Tugdual Portier, Jérôme Paschoud, Benedikt Gebhard und Théodore Tavernier und für den Kinderchor ‘Pueri cantores’ (Leitung Pierre Nimax) sowie für den exzellenten ‘Wiener Singverein’ (Leitung Johannes Prinz). Franz Welser-Möst dirigierte die Oper mit leichter aber sicherer Hand und einer Souveränität, die jedes Detail zur Geltung kommen ließ. Das phantastische Spiel des ‘Cleveland Orchestra’ zeigte, dass dieses phantastische Symphonieorchester auch versierten Opernorchestern in nichts nachsteht. Alles in allem, diese konzertante Aufführung von Janaceks ‘Das schlaue Füchslein’ war in allen Punkten ein musikalisch einmaliges Erlebnis.

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