Benjamin Bernheim
(c) Christoph Kostlin

Für seine Einspielung von Arien aus französischen Opern  hatte Benjamin Bernheim schon Lobpreisungen aus unserem Hause erhalten. Der Liederabend, den Uwe Krusch für Pizzicato im Kammermusiksaal der Philharmonie Luxemburg miterleben durfte, hat dies eindrucksvoll auch für das zartere Metier des Liedes mit Klavierbegleitung gezeigt, wobei Bernheim sich auch der äußerst sensiblen Unterstützung durch seine musikalische Partnerin Carrie-Ann Matheson sicher sein durfte.

Eingerahmt von französischen Liedern aus sechs französischen Komponistenfedern aus dem neunzehnten und punktuell zwanzigsten Jahrhundert kredenzte er vier ausgewählte Beiträge von Richard Strauss, bei denen das eröffnende `Heimliche Aufforderung´ und das am Ende stehende `Morgen´ aus der Sammlung Vier Lieder op. 27 sicherlich nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den herausragenden Liedschöpfungen überhaupt zählen. Allein diese Strauss Lieder zeigen schon so viele positive Eigenschaften, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Da andere Interpreten damit öfter mal abfallen, sei vielleicht damit begonnen, dass Bernheim als Franzose natürlich seine Muttersprache, trotzdem aber auch die deutsche Sprache so makellos beherrscht, dass es allein deswegen eine Freude ist und man sicher sein kann, dass er den Text versteht. Doch das Verstehen drückt sich vor allem in der musikalischen Umsetzung aus und auch die überzeugt uneingeschränkt.

Bernheim verfügt über eine markante und trotzdem unaufdringlich angenehme Stimme, die alles bietet, was erwartet wird. Das ist manchmal sogar so viel, dass die räumliche Begrenzung des ansonsten wunderbaren Kammermusiksaals der Philharmonie mal wieder deutlich wurde. Der Raum ist zu klein für eine so fantastisch ausgebildete Stimme. Aber dieses Phänomen ist auch bei Streichquartetten oder anderen Formationen zu bemerken. Den gesamten Abend über, der im Grunde trotz COVID-Zeiten ein volles Liedprogramm bot, nur ohne Pause, bemerkt der Zuhörer aber auch nicht einen Hauch von Angestrengtheit in der Stimme oder anderer Ermüdung. Sogar entwickelt sich zum Ende hin mit dem ein wenig leichter wirkenden `Voyage à Paris´ von Poulenc und der Zugabe von Massenet `Le Rêve de des Grieux´ noch so etwas wie zarte Mimik und Gestik, von der sich der Sänger größtenteils befreit hat. Es kommt eben auf den Gesang und nicht auf die Darstellung an, zumindest in diesem Kontext.

Schon die das Konzert eröffnenden Sommernächte von Berlioz zeigen die ganze Breite seines Könnens. Das am Anfang stehende `Villanelle´ kommt kräftig ländlich daher, ohne täppisch zu wirken. Im weiteren Verlauf zeigt dann Bernheim aber auch, dass er jäh seine Stimme in Höhe und Kraft entfalten und dann auch wieder schlagartig oder dezent entschwebend in zarte Gefilde formen kann. So werden schon die Les Nuits d’été von Berlioz zum Genussmoment, der das gesamte Konzert über nicht abnimmt. Henri Duparc, in Frankreich prägend, außerhalb wohl weniger bekannt, gestaltet Bernheim drei der wenigen überlieferten Werke. Auch hier bringt Bernheim alles an Tugenden ein, über die er verfügt. Und das viele gute. Im letzten Teil des Abends nach den Strauss Liedern und damit drei Komponisten, die mit mehreren Werken vorgestellt wurden, folgten drei einzelne Beiträge weiterer französischer Tonsetzer. Mit `L’Heure exquise´ aus den Chansons Grises von Reynaldo Hahn stand ein kleines aber feines Werk eines auch nicht allzu ins allgemeine Bewusstsein eingeprägten Komponisten. In diesem Teil, der schon andeutungsweise in Richtung leichtere Textur zeigte, wurde einmal mehr deutlich, mit welche Palette an Tönungen und Gestaltungswillen und -können Bernheim seine Musik darzustellen vermag.

Bei allem Lob des Sängers sollte man seine musikalische bessere Hälfte nicht vergessen, wobei auch das menschliche Miteinander den Eindruck machte, intensiver als rein kollegial sein zu können. Carrie-Ann Matheson aus Kanada, die eine vielseitige Karriere an Opernhäusern und auch inzwischen als Dirigentin lebt, kitzelt auf dem Klavier ebenso feinste gehauchte Begleitungen heraus wie sie markante Akzente setzen kann, wenn es die Partitur erlaubt. Ebenfalls äußerst variationsreich und in bester Nähe zur Singstimme modelliert sie die Begleitung, die sie dadurch zu einem wesentlichen Partner und auch zum Gestalter erhebt, was in der Liedwelt seit Schubert ja auch gewollt ist, dass das Lied, eben auch im Klavierpart, den Text zusätzlich ausmalt oder kommentiert und nicht nur Akkorde zum Gesang dazu gibt. Spätestens bei den Partien wie im `Morgen´ von Strauss, bei denen dem Klavier vom Komponisten eine einleitende bzw. nachkommentierende Stimme gegeben wird, wurde deutlich, wie gestalterisch wertvoll sie zum Gelingen beitrug. Aber das war eigentlich schon von Anfang an der Fall, dass das wahrzunehmen war.

Ein sehr großer Abend, der mehr als deutlich werden lässt, dass Kultur zu den unabdingbaren Größen unseres Zusammenlebens gehört. Ein erster Höhepunkt der noch jungen Saison in der Philharmonie Luxemburg.

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