Innovative, hochinteressante und oft gewagte Programme sind inzwischen zum Motto der ‘Solistes Européens Luxembourg ‘geworden. Gestern Abend dirigierte Christoph König vor begeistertem Publikum Werke von Louise Farrenc, Sir Peter Maxwell Davies, Erkki-Sven Tüür und Ludwig van Beethoven. Die Solisten des Abends waren Jean Müller und Gerhard Oppitz. Alain Steffen berichtet.
Nachdem das vor zwei Jahren begonnene Louise Farrenc-Projekt der ‘Solistes Européens Luxembourg’ einen unerwarteten Erfolg hatte und sogar die CD-Firma Naxos auf den Plan rief, wurde das Publikum nun mit gleich drei Werken der französischen Komponistin bekannt gemacht. Und wieder einmal erwies sich der Weg, den Christoph König zusammen mit seinem Orchester beschreitet, als richtig und vor allem wichtig. Denn es gibt so viele Werke, die durch die immer wieder in Konzerten gespielten Dauerbrenner nie aus deren Schatten heraustreten können. Die SEL und ihr Dirigent bieten gerade dieser Musik ein Forum und finden damit auch den Zuspruch ihres Publikums. Gleich sechs Werke standen auf dem Programm des Konzerts: Die Ouvertüren op. 23 & 24 sowie die ‘Grandes variations sur un thème du Comte Gallemberg’ von Louise Farrenc, dazwischen Sir Peter Maxwell Davies‘ Bearbeitung von J.S. Bachs Präludium und Fuge Nr. 4 aus dem ‘Wohltemperierten Klavier’ und Erkki Sven Tüürs ‘Insulata Deserta’. Nach der Pause kam ein wirklicher Klassiker: Beethovens 5. Klavierkonzert.
Ich muss zugeben, dass ich nicht unbedingt begeistert war, als ich zum ersten Male die Symphonien von Louise Farrenc im Konzert hörte. Erst nach mehrmaligen ‘Nachhören’ auf CD lernte ich die Musik Farrencs schätzen und mögen. Dank Christoph Königs glücklicher Hand bei der Interpretation, wurden auch die drei heute gespielten Werke zu einem Erlebnis. Man hört natürlich hier und da Einflüsse von anderen Komponisten, aber man muss durchaus klarstellen, dass Louise Farrenc ihren eigenen Stil hat und keineswegs kopiert. Die beiden Ouvertüren sind dann auch klassisch gestrickt und machten durch das wunderbare Spiel der SEL richtig Freude beim Zuhören. Christoph König fand die passende Balance zwischen vollmundigem Klang und feinen Strukturen. Hervorragend auch die Wiedergabe der ‘Grandes Variations’, bei denen sich Jean Müller als exzellenter Klaviervirtuose mit einem einerseits kräftigen, andererseits sehr nuanciertem Spiel beweisen und die Musik durch seine Interpretation ins allerbeste Licht rücken konnte.
Eine Entdeckung dann auch Bachbearbeitung für Flöte, Klarinette, Marimba, Bratsche, Cello und Cembalo von Peter Maxwell Davies, die ganz im Sinne der Original-Komposition war, jedoch andere, interessante klangperspektiven eröffnete. Zudem konnte man hören, über welch exzellente Solisten die SEL verfügen. Einen wundervoll atmosphärischen Streicherklang gab es bei Tüürs ‘Insulata Deserta’, einem Werk, dessen meditative Stimmung den beiden das Werk einrahmenden, klangvoll-virtuosen Farrenc-Stücken diametral gegenüberstand.
Nach der Pause erlebte das Publikum dann eine in allen Hinsichten überragende Interpretation von Ludwig van Beethovens 5. Klavierkonzert. Neben Rudolf Buchbinder ist Gerhard Oppitz wohl der einerseits klassischste, andererseits aber auch authentischste Beethoven-Interpret unserer Zeit. Bei ihm freut man sich einfach auf einen ‘guten’ Beethoven. Doch damit nicht genug. Oppitz ist ein Beethoven-Magier und begnügt sich nicht mit seinem großen Talent, Beethoven ganz einfach aus dem Ärmel zu schütteln oder eine ideale Interpretation aus dem Hut zu ziehen. Bei jeder neuen Begegnung mit ihm hört man immer wieder Neues in der Musik heraus. Mal die wunderschönen Zwischentöne im Adagio, mal unbeschreiblich elegante und zugleich hochvirtuose Momente in den Ecksätzen. Das war ein durch und durch klassischer Beethoven, allerdings neu entdeckt. Hörbare Freude hatten auch Christoph König und sein Orchester, die sich mit federnder Leichtigkeit und Kommunikationslust auf ihren Solisten einließen und dieses Klavierkonzert dann auch sehr partnerschaftlich gestalteten. Es gab nach diesem Konzert begeisterten und langanhaltenden Applaus. Und als Zugabe gab es vierhändiges Klavier. Jean Müller und sein ehemaliger Lehrer Gerhard Oppitz spielten zusammen den Walzer Nr. 15 von Johannes Brahms.