Transcendental: Franz Liszt: Etudes d'exécution transcendante, Etudes de Concert Nr. 1-3, Paganini-Etüden Nr. 1-6; Daniil Trifonov (Klavier); 2 CDs Deutsche Grammophon 4795529; Aufnahme 09/2015, Veröffentlichung 07.10.2016 (117'31) – Rezension von Remy Franck

Liszts komplette Konzert-Etüden auf zwei CDs, das ist nicht nur die Einspielung eines extrem schwierigen und tückischen Repertoires, es birgt vor allem die Gefahr, auf Dauer den Hörer zu ermüden. Daniil Trifonov aber hat das Talent, die Gestaltung so zu differenzieren, jeder Studie ihren eigenen Charakter und ihre eigene Botschaft zu geben, so, dass nie Gleichförmigkeit aufkommt.

Gleich im Preludio setzt er ohne Extravaganz so viele persönlich Akzente und koppelt so viel gestalterische Fantasie mit einer fast frenetischen Energie, dass man sich auf ein großes künstlerisches Ereignis gefasst machen darf, das dann auch kommt: eine fast geflüsterte Poesie in ‘Paysage’, eine berserkerhafte Virtuosität in ‘Mazeppa’, und die ‘Feux follets’ werden über das Glitzernde hinaus quasi gespenstisch. Und welche Ausdruckskraft erreicht er doch in ‘Vision’, wo auch in kräftigsten Passagen der Klang immer schön bleibt, immer in der wunderbaren Mischung von Eleganz und Sensibilität, die alles kennzeichnet, was der junge russische Pianist macht. Nur so kann ‘Riccordanza’ jenen transzendenten Charakter bekommen, der hier hörbar wird.

Dass es in ‘Chasse-neige’ nicht nur darum geht, massive Klänge zu schichten, zeigt Trifonov, indem er dem Stück jede Menge an innerer Unruhe und emotionaler, abgrundnaher Aufwühlung injiziert.

Das alles tut der Pianist mit einer profunden Souveränität, und diese kennzeichnet auch die fünf Konzert-Etüden, in denen er – bei allen technischen Schwierigkeiten, die er mühelos und manchmal sehr individualistisch meistert – auch eine phänomenale Rhetorik erzielt.

Wenn bis dahin noch jemand nicht geglaubt hätte, dass Trifonov bei aller Musikalität, die er zeigt, einer der besten Techniker am Klavier ist, wird das wohl bei den glasklar bis gold-glockig gespielten Paganini-Etüden zugeben müssen. Umwerfend!

Daniil Trifonov’s Liszt recital is kind of jaw-dropping. Being so phenomenally technical and musically inspired at the same time is awesome. Dazzling technical effects are constantly married to a highly personal and expressive musicianship, so that every single Etude is getting its own character, its own colours, and its own rhetoric.

 

 

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