Otto Klemperer. The Warner Classics remastered Edition; Werkliste am Ende des Beitrags; Dennis Brain, Aase Nordmo Lövberg, Christa Ludwig, Waldemar Kmentt, Birgit Nilsson, Hans Hotter, Heather Harper, Janet Baker, Alan Civil, Annie Fischer, David Oistrach, Elisabeth Schwarzkopf, Hilde Rössel-Majdan, Yehudi Menuhin, Daniel Barenboim, Staatskapelle Berlin, Orchester der Staatsoper Berlin, Philharmonia Orchestra, Orchestre National de la Radiodiffusion Francaise, London Wind Quintet and Ensemble, New Philharmonia Orchestra, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Otto Klemperer; 95 CDs Warner Classics 5419725704; Aufnahmen 1927-1971, Veröffentlichung 02.06.2023 - Rezension von Remy Franck & Alain Steffen

Otto Klemperer war ein Dirigent, der unbedingt in gleichem Atemzug mit Furtwängler, Karajan, Walter oder Toscanini erwähnt werden muss. Klemperer war ein Bildhauer, der oft schroffe, dunkle Klänge und harte Akzente in seinen Interpretationen bevorzugte, und das in einer Zeit, wo der große Atem Furtwänglers als das Höchste angesehen wurde. Doch hört man genau hin, so besitzen Klemperers atemberaubende Deutungen die gleiche Tiefe und die gleiche Intensität, nur dass er sie eben anders darstellt, weniger gefällig. Kein anderer Dirigent hat es fertiggebracht, die Symphonien Beethovens so düster und archaisch zu interpretieren wie eben Klemperer.

Auch sein Bruckner war immer interessant. Eine Aufnahme sticht heraus in dieser Box, die der Vierten von 1963. Sie ist ein nicht unwichtiges Dokument im Gesamtspektrum der Bruckner-Deutung durch Otto Klemperer und unterscheidet sich von den späteren Bruckner-Aufnahmen Klemperers insofern, als sich der Dirigent keineswegs in das Werk vertieft, sondern eine Romantische Symphonie mit kraftvoll strömender Musik dirigiert. Die Tempi sind erheblich schneller als das, was man gemeinhin unter Klemperer-Bruckner versteht, nämlich ein monumentales, wesentlich weniger vitales Klanggebilde. Hier aber wird mit großem Atem, hoher Intensität und sehr spannungsvoll musiziert.

Unter den Mahler-Einspielungen sticht jene der Zweiten heraus. Klemperer fasziniert wegen der ursprünglichen Kraft seines Dirigats, wegen des spontanen und lebendigen Charakters seiner Interpretation. Klemperer fasziniert wegen des Flutlichts, das er in die Auferstehungssymphonie einbringt, wegen der Hoffnungscharakters, den die Musik unter seine Hände annimmt. Eine bestechende Rhythmik, geschärfte Kanten, knackig-frischen Farben charakterisieren diese Aufnahme

Klemperer hat nicht viel mit Mendelssohn und Schubert dirigiert, und seine Interpretationen sind klassisch, wie man es von ihm gewohnt ist; aber ebenso wie Furtwängler oder Walter drückt er jedem Werk eine Stimmung auf. Und obwohl Klemperer immer ein recht nüchterner Dirigent war, der ohne Effekte auskam, stellte er sich stets in den Dienst der Werke und gestaltete mit seiner Persönlichkeit musikalische Monumente.

In der Warner-Box finden sich auch  interessante Mozart-Aufführungen. Im Gegensatz zum langsamen, gewichtigen Stil seiner späteren Jahre ist er in jüngeren Jahren vieler energischer. Keine dieser Aufführungen aber ist belanglos, und alle fallen durch ausdrucksstarke Phrasierungen auf.

Eine farbige, allerdings recht breit geatmete Franck-Symphonie, ein etwas zu dramatisch-großspuriger Dvorak und sehr eigenwillige, manchmal überraschend schnelle Tchaikovsky-Aufnahmen lassen immer wieder aufhorchen. Die Schumann-Symphonien hingegen finde ich etwas schwergewichtig.

Otto Klemperer war auch ein recht fleißiger Komponist. Er hatte Komposition bei Hans Pfitzner studiert. Er wurde aber als Dirigent weitaus mehr bekannt denn als Komponist. Klemperer war ein Spätromantiker. Eckhardt van den Hoogen sieht das so: « Es kann bei einem Künstler vorkommen, dass sein Schädel bis zum Bersten mit fremder Musik vollgestopft ist und ihm gar nichts anderes übrig bleibt als sich gelegentlich am fünffach linierten Papier auszutoben. Dieser Spezies muss man wohl auch Otto Klemperer zurechnen, doch der konzise, oft skizzenhafte Telegrammstil der Ausführungen verbietet von vornherein den Begriff des Epigonentums.“  In der Warner-Box sind die Symphonien 1-4 enthalten sowie einige kleinere Werke.

Das neue Remastering gibt den Aufnahmen insgesamt viel Frische und verstärkte Konturen.

Otto Klemperer was a conductor who must necessarily be mentioned in the same breath as Furtwängler, Karajan, Walter or Toscanini. Klemperer was a sculptor who often favored harsh, dark sounds and hard accents in his interpretations, and this at a time when Furtwängler’s great breath was considered the highest. But if one listens closely, Klemperer’s breathtaking interpretations possess the same depth and intensity, only that he presents them differently, less pleasingly. No other conductor has managed to interpret Beethoven’s symphonies as darkly and archaically as Klemperer.

His Bruckner was also always interesting. One recording stands out in this box, that of the Fourth from 1963. It is a not unimportant document in the overall spectrum of Otto Klemperer’s interpretation of Bruckner and differs from Klemperer’s later Bruckner recordings in that the conductor does not delve into the work at all, but conducts a Romantic Symphony with powerfully flowing music. The tempos are considerably faster than what is commonly understood by Klemperer-Bruckner, namely a monumental, much less vital sound structure. Here, however, the music is played with great breath, high intensity and very tensely.

Among the Mahler recordings, that of the Second stands out. Klemperer fascinates because of the original power of his conducting, because of the spontaneous and lively character of his interpretation. Klemperer fascinates because of the floodlight he brings to the Resurrection Symphony, because of the hopeful character the music takes on under his hands. A captivating rhythm, sharpened edges, crisp fresh colors characterize this recording.

Klemperer has not conducted much with Mendelssohn and Schubert, and his interpretations are classical, as one has come to expect from him; but like Furtwängler or Walter, he imposes a mood on each work. And although Klemperer was always a rather sober conductor who did without effects, he always put himself at the service of the works, shaping musical monuments with his personality.

The Warner box also includes interesting Mozart performances. In contrast to the slow, weighty style of his later years, he is many times more energetic in his younger years. None of these performances, however, is inconsequential, and all stand out for their expressive phrasing.

A colorful, though rather broad-breathed Franck symphony, a somewhat too dramatically grandiose Dvorak, and very idiosyncratic, sometimes surprisingly fast Tchaikovsky recordings always make one sit up and take notice. The Schumann symphonies, on the other hand, are a bit heavyweight.

Otto Klemperer was also quite a busy composer. He had studied composition with Hans Pfitzner. However, he became far more famous as a conductor than as a composer. Klemperer was a late Romantic. Eckhardt van den Hoogen sees it this way: « It can happen with an artist that his skull is stuffed to bursting point with foreign music and that he has no choice but to let off steam occasionally on the quintuple-lined paper. Otto Klemperer must probably also be counted among this species, but the concise, often sketchy telegram style of the explanations forbids the notion of epigonism from the outset. »  The Warner box set includes Symphonies 1-4 as well as a few smaller works.

The new remastering gives the recordings overall much freshness and enhanced contours.

The 78 RPM Recordings 1927-1929 (Johannes Brahms: Akademische Festouvertüre op. 80; Symphonie Nr. 1; Richard Wagner: Tristan und Isolde-Ouvertüre; Daniel-Francois-Esprit Auber: Fra Diavolo-Ouvertüre; Jacques Offenbach: La Belle Helene-Ouvertüre; Richard Strauss: Tanz der sieben Schleier aus Salome; Till Eulenspiegel op. 28; Don Juan op. 20)
Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonien Nr. 25, 29, 31, 33-36, 38-41 + Klavierkonzert Nr. 25 + Serenaden Nr. 6, 10-13 + Adagio & Fuge c-moll KV 546 + Die Entführung aus dem Serail-Ouvertüre KV 384 + Le Nozze di Figaro-Ouvertüre KV 492 + Maurerische Trauermusik KV 477 + Don Giovanni-Ouvertüre KV 527 + Cosi fan tutte-Ouvertüre KV 588 + La Clemenza di Tito-Ouvertüre KV 621; + Die Zauberflöte-Ouvertüre KV 620 + Hornkonzerte Nr. 1-4; Paul Hindemith: Nobilissima Visione-Suite; Hornkonzert (1. Satz); Johannes Brahms: Symphonien Nr. 1-4 + Haydn-Variationen op. 56a + Tragische Ouvertüre op. 81 + Akademische Festouvertüre op. 80 + Violinkonzert op. 77; Johann Sebastian Bach: Orchestersuiten Nr. 1-4 + Brandenburgische Konzerte Nr. 1-6; Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr. 1-9 + Klavierkonzerte Nr. 1-5 + Violinkonzert op. 61 + Leonore-Ouvertüren Nr. 1-3 + Fidelio-Ouvertüre + Die Weihe des Hauses-Ouvertüre op. 124 + Große Fuge op. 133 + Coriolan-Ouvertüre op. 62 + Die Geschöpfe des Prometheus-Bühnenmusik & Ouvertüre op. 43 + Egmont-Bühnenmusik op. 84 + König Stephan-Ouvertüre op. 117 + Chorfantasie op. 80; Gustav Mahler: Symphonien Nr. 2, 4, 7, 9 + Das Lied von der Erde + Des Knaben Wunderhorn + Rückert-Lieder; Anton Bruckner: Symphonien Nr. 4-9; Georg Friedrich Händel / Arnold Schönberg: Concerto grosso op. 6 Nr. 4; Joseph Haydn: Symphonien Nr. 88, 92, 95, 98, 100-102, 104; Felix Mendelssohn: Symphonien Nr. 3 & 4 + Ein Sommernachtstraum op. 61 + Die Hebriden-Ouvertüre op. 26; Franz Schubert: Symphonie Nr. 5, 8, 9; Robert Schumann: Symphonien Nr. 1-4 + Klavierkonzert op. 54 + Manfred-Ouvertüre op. 115 + Genoveva-Ouvertüre op. 81 + Szenen aus Goethes Faust-Ouvertüre WoO. 3; Hector Berlioz: Symphonie fantastique op. 14 +Antonin Dvorak: Symphonie Nr. 9;
Piotr Tchaikovsky : Symphonien Nr. 4-6; Richard Wagner: Orchesterstücke aus Rienzi, Der Fliegende Holländer, Tannhäuser, Lohengrin, Die Meistersinger von Nürnberg, Tristan und Isolde, Götterdämmerung, Das Rheingold, Die Walküre, Parsifal; Siegfried Idyll; Wesendonck-Lieder (orchestriert von Felix Mottl); Richard Strauss: Don Juan op. 20 + Tanz der sieben Schleier aus Salome op. 54+ Till Eulenspiegel op. 28 + Tod und Verklärung op. 24+ Metamorphosen für 23 Solostreicher; Franz Liszt: Klavierkonzert Nr. 1; Igor Strawinsky: Symphonie in drei Sätzen + Pulcinella-Suite + Petruschka; César Franck: Symphonie d-moll; Johann Strauss II: Wiener Blut + Die Fledermaus-Ouvertüre + Kaiserwalzer; Carl Maria von Weber: Der Freischütz-Ouvertüre + Euryanthe-Ouvertüre + Oberon-Ouvertüre; Engelbert Humperdinck: Ouvertüre & Traumpantomime aus Hänsel & Gretel; Kurt Weill: Kleine Dreigroschenmusik; Christoph Willibald Gluck: Iphigenie en Aulide-Ouvertüre (arrangiert von Richard Wagner); Jean-Philippe Rameau: Gavotte mit 6 Variationen (orchestriert von Otto Klemperer); Luigi Cherubini: Anacreon-Ouvertüre; Otto Klemperer: Symphonien Nr. 2-4; Merry Waltz; Streichquartette Nr. 3 & 7; Fuge & Variationen; J’accuse; Recollection; Scherzo; Variationen für Orchester; A Historical Souvenir – Eine Dokumentation in englischer Sprache von Jon Tolansky (mit Peter Andry, Lionel Bentley, Joan Sutherland, Robert Tear, Dietrich Fischer-Dieskau u. a.)

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