Das KKL Luzern

Osterzeit ist Besinnungszeit. Und es ist die Zeit der ersten großen Musikfestivals. Unser Mitarbeiter Alain Steffen war an den Vierwaldstättersee gereist und hat sich drei Konzerte im schönen weißen Saal von Jean Nouvel angehört.

Etwas zu gediegen und zu nobel ging es beim ersten Konzert zu. Am 12. April fand im großen Saal des KKL ein Händel-Abend mit ‘Le Concert d’Astrée’ und Emmanuelle Haïm sowie den Solisten Sandrine Piau und Tim Meas statt. Haïm hatte ihr Ensemble fest im Griff und präsentierte dem Publikum einen eindrucksvollen Händel-Abend, bei dem allerdings alles etwas zu glatt und schnörkellos verlief. Das Ensemble spielte perfekt, rund im Klang und mit einer Perfektion, bei der man den Atem anhalten konnte. Alles war bis auf die kleinste Nuance eingeprobt, so dass nicht viel Raum für spontane Einfälle und die Lebendigkeit des Moments gegeben war. Dies führte dann schnell zu einer Vorhersehbarkeit der Musik, was wiederum schnell in Langweile umschlagen konnte. Die Sopranistin Sandrine Piau ist eine wunderbare Sängerin und große Stilistin, hier wären mir aber Feuerköpfe à la Simone Kermes, Cecilia Bartoli oder Joyce Di Donato lieber gewesen. Der englische Countertenor Tim Meas beeindruckte mit einem perfekten Gesang und einem angenehmen Timbre, aber auch hier vermisste man etwas von der barocken Leidenschaft, die diese Musik doch in sich trägt. Trotzdem erlebte das Publikum einen in sich geschlossenen Händel-Abend, bei dem alles stimmte, doch einiges fehlte.

Ivan Fischer
Photo: Marco Borggreve

Leidenschaftlich ging es dann im zweiten Konzert am 13. April zu. Das Orchestra-in-Residence der Osterfestspiele war wiederum das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Im ersten seiner beiden Konzerte wurde es von Ivan Fischer dirigiert; die Solistin des Abends war die Violinistin Janine Janssen. Auf dem Programm standen Werke von W.A. Mozart und Bela Bartok. Fischer dirigierte die beiden Mozart Symphonien Nr. 34 & Nr. 39 mit richtigem Feuer. Trotz geballter Energie und anhaltender Innenspannung, selbst beim Andante besaß Ivan Fischer sehr lebendige Interpretation immer einen sehr natürlichen Fluss. Da gab es trotz straffer Tempi genug Zeit zum Atmen; nichts wirkte aufgesetzt oder effektvoll. Fischers Mozart lebte von der Kraft der Musik und einer sehr natürlichen musikantischen Auslegung. Recht feurig war auch Bartoks 1. Violinkonzert mit Janine Jansen. Die Violinistin und der Dirigent schafften es, denen beiden sehr unterschiedlichen Sätzen jeweils eine eigene Klang-Dynamikwelt zuzugestehen. Jansen ist darüber hinaus eine sehr kommunikative Solistin, die sowohl den direkten Kontakt zum Dirigenten wie auch zu den Musikern sucht. Diese kommunikationsintensive Darbietung war an sich schon ein Glücksfall, wäre da nicht noch das technisch atemberaubende Spiel des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks gewesen. Die kurzen Rumänischen Volkstänze für Orchester Sz 68 von Bela Bartok atmeten die gleiche Authentizität wie das Violinkonzert und beendeten das etwas kurze Konzert.

Bernard Haitink
(c) Patrick Huerlimann/ LucerneFestival

Einen Tag später gab es nochmals Mozart. Das Klavierkonzert Nr. 25 KV 503 wurde von Till Fellner gespielt, am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks stand Bernard Haitink, der in diesem Jahr seinen 90 Geburtstag feiert. Und das Publikum erlebte hier einen ganz anderen Mozart als noch am Vortag. Fellner und Haitink entschieden sich für eine gemächlichere Herangehensweise mit breiten Tempi. Aber ebenso wie bei Fischer herrschten auch bei Haitink die Klarheit und die Transparenz vor.

Fellner spielte wunderschön, das Andante klang anmutig während die beiden Ecksätze mit unaufdringlicher Virtuosität und einer natürlichen Schlichtheit gespielt wurden.

Nach der Pause folgte eine unwahrscheinlich intensive Aufführung der 6. Symphonie von Anton Bruckner. Bernard Haitink bewies noch einmal, wie tief und genuin er diese Musik versteht und interpretiert. Herzstück des Werkes wurde der 2. Satz, ein Adagio, das mit seinem feierlichen Charakter sehr ausdrucksvoll und wunderschön dirigiert und gespielt wurde. Haitink benötigt keine Effekte; die Schlichtheit seines Dirigats, seine große Kunst, sofort zum musikalischen Punkt vorzudringen, und dabei das gesamte und mit atemberaubender Intensität aufspielende  Orchester auf eine emotionale Reise ohne Gleichen mitzunehmen, dies alles ließ diese 6. Symphonie von Bruckner zu einem erhabenen wie unvergesslichen Erlebnis werden.

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