Richard Strauss: Salome; Emily Magee, Wolfgang Koch, Peter Bronder, Michaela Schuster, Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt, Andres Orozco-Estrada; 2 SACDs Pentatone PTC 5186602; Liveaufnahme 09/2016, Veröffentlichung 24/11/2017 (113') – Rezension von Remy Franck

Ich leide, wenn es um Salome geht, am Karajan-Virus. Seine 1977 entstandene Aufnahme mit Hildegard Behrens ist eine der größten Opernaufnahmen überhaupt und sicher die packendste dieser Strauss-Oper. Was Karajan in dieser heute bei Warner verlegten Einspielung an Atmosphäre erreicht, wie schrecklich schauderhaft er die Dekadenz zeichnet, wie unerbittlich er einzelne Passagen gestaltet, wie sinnlich andere klingen, ist beängstigend genial.

Das muss ich erst einmal aus dem Kopf verbannen, wenn ich eine neue ‘Salome’ hören. Versöhnlich wirkt hier zuerst einmal der Klang der Surround-Aufnahme. Die Technik hat ihn überaus räumlich werden lassen. Die Stimmen kommen prägnant von vorne, aber der Orchesterklang ist überall, vorne, hinten und oben. Orchestrales 360-Grad-Kino!

Andrés Orozco-Estrada mag keinen spezifischen Strauss-Klang pflegen, er labt sich an der Opulenz dessen, was ihm sein exzellentes ‘hr-sinfonieorchester’ bietet. Gegen Karajan aber ist er ein Chorknabe, und von der packenden Atmosphäre der Karajan-Aufnahme sind wir natürlich sehr weit entfernt. Das Dirigat des kolumbianischen Dirigenten entfacht dennoch viel Spannung.

Die Amerikanerin Emily Magee hat zweifellos die Stimme für die Titelrolle, auch wenn einige überscharfe Töne nicht ausbleiben und das Laszive nicht genügend herauskommt.

Der Bassbariton Wolfgang Koch ist ein großartiger Jochanaan. Er gibt der Figur eine zwingende Kraft und weiß dennoch seine schön timbrierte Stimme bestens zu kontrollieren.

Benjamin Bruns ist mit seiner hellen, lyrischen Tenorstimme ein sehr guter Narraboth. Peter Brander singt einen wirklich vollauf überzeugenden Herodes, während Michaela Schuster mit kultivierter Mezzostimme die Herodias imposant darstellt.

Und so ist dies am Ende und für heutige Verhältnisse eine überdurchschnittliche ‘Salome’-Produktion, die vor allem den Vorteil eines phänomenalen Surround-Sounds genießt.

Without being an accomplished Strauss conductor, Orozco-Estrada achieves one opulent performance of the opera Salome. The Frankfurt Radio Orchestra sounds terrific in this surround recording and the singers are mostly excellent.

 

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