Pierre Boulez: Anthèmes 2, Dèriéve 2, Dialogue de l’ombre double, Le Marteau sans maître, Mémoriale, Messagesquisse; Hilary Summers (Viola), Ircam, West-Eastern Divan Orchestra, Daniel Barenboim, Pierre Boulez (Le Marteau); 2 CDs Deutsche Grammophon 00289 479 7160; Aufnahmen 04/2010 & 07/2012, Veröffentlichung 03/2017 (142'27) – Rezension von Uwe Krusch

Interessant ist vermutlich das meistgesprochene Wort, wenn sich das Abonnements- oder das Eventpublikum in Konzertpausen über ein zuvor gehörtes zeitgenössisches Werk unterhält. Das spricht dann dafür, dass die Musik nicht verstanden und schon gar nicht goutiert wurde. Diese Doppelscheibe vereint solche für viele interessante Musik.

Sechs Werke aus vier Jahrzenten seines Schaffens, alle für kleinere Besetzungen von Solo mit Elektronik bis hin zu elf Instrumentalisten, vereint dieses Portrait. Das älteste Werk, ‘Le Marteau sans maître’, wird vielleicht am besten durch Stravinskys Bonmot zu diesem Werk « Es macht mir Freude, Boulez zu hören“ am besten beschrieben. Die Kombination der Instrumente und der Bezüge auf afrikanische, asiatische und europäische Musik hat diesem Werk von Anfang an eine besondere Position in der Musik des 20. Jahrhunderts ermöglicht.

Um eine Art Versuchsanordnung handelt es sich bei ‘Dèriéve 2’, bei dem eine Reihe zugrunde liegt, bei der Boulez unterschiedliche periodische Prozesse gegeneinander stellt und so mit der Wahrnehmung des Hörers experimentiert. ‘Dialogue de l’ombre double’ für Klarinette, Bandaufnahme und Elektronik gehört sicherlich eher in die Gruppe der interessanten Werke, auf die man sich intensiv einlassen muss. Durchaus einfacher wahrzunehmen und damit gewissermaßen genießbar sind ‘Anthèmes 2’ für Violine und Live Elektronik sowie ‘Messagesquisse’ für Solocello und sechs weitere Celli.

Diese Aufnahme kann im Zusammenhang der Eröffnung des Boulez Saales in Berlin als Hommage von Daniel Barenboim an Boulez angesehen werden. Bereits1964 traten sie gemeinsam auf, Barenboim als Pianist, Boulez als Dirigent. Seither hat sich die Freundschaft bis zum Ableben Boulez‘ im vergangenen Jahr intensiv gestaltet

Mit Mitgliedern des ‘West-Eastern Divan Orchestra’ hat Barenboim seinem Freund diese Ehre erwiesen. In manchen Momenten wirkt die Darbietung etwas jugendlich ungeschliffen. Aber zum ganz überwiegenden Teil werden wir Ohrenzeuge einer intensiven und ausgefeilten Präsentation. Es ist erfreulich, über welch hervorragendes Verständnis die Musiker für diese anspruchsvolle Musik verfügen und dieses sowohl technisch meistern als auch musikalisch ausdrucksvoll intonieren. Mit etwas Hör-Übung und Wohlwollen kann man so leicht eine andere Einstellung bekommen und das Pausengespräch anders gestalten.

With musicians West-Eastern Divan Orchestra, Daniel Barenboim has designed a valuable homage to his friend Pierre Boulez. They perform with enthusiasm on a very high technical level, thus allowing the listener to experience and savour major works of one of the most important composers of the last decades.

 

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