Felix Mendelssohn Bartholdy: Warum toben die Heiden op. 78 Nr. 1 + Kyrie eleison + Ehre sei Gott in der Höhe, op. posth. + Richte mich, Gott op. 78 Nr. 2 + Heilig, heilig ist Gott, der Herr Zebaoth op. posth. + Jauchzet dem Herrn alle Welt, op. 69 Nr. 2 + Klaviertrio Nr. 2 C-Moll op. 66 + Cellosonata Nr. 2 D-Dur op. 58 (Adagio) - Flemish Radio Choir, Hervé Niquet, Pekka Kuusisto, Violine, Pieter Wispelwey, Cello, Alasdair Beatson, Klavier; 1 CD Evil Penguin Records Classic 0024; Aufnahme 09 & 10/2016, 03/2016; Veröffentlichung 08/09/2017 (54’06) – Rezension von Jan-Geert Wolff

Wenn einem eine CD mit Dirigent Hervé Niquet auf den Schreibtisch kommt, war die Vorfreude bisher groß, hat er einen doch noch vor kurzem live mit seinem ‘Le Concert Spirituel’ derart in den Bann geschlagen, dass dem Kritiker schier die Lobesworte fehlten. Statt großer Barockmeister aus Italien gibt es nun Romantik pur: Mendelssohn mit dem ‘Flemish Radio Choir’. Doch wie ernüchtert ist man nach nur wenigen Sekunden!

Statt gestochen scharf musizierter Vokalmusik hört man ein inhomogen besetztes Ensemble, bei dem die Frauenstimmen nur so scheppern und ein waberndes Tremolieren den letzten Nerv raubt. Das eiert, als spielte man keine CD ab, sondern Vinyl auf einem Plattenteller mit ordentlicher Unwucht. Himmel – es gibt so viele und um Klassen bessere Aufnahmen gerade von den Psalmen ‘Warum toben die Heiden’, ‘Richte mich Gott’ und ‘Jauchzet dem Herrn’! Die von Mendelssohn in einfache, aber so äußerst wirkungsvolle Akkordsprache übersetzten Verse lässt Niquet ohne große Gestaltung und nur mit der wirklich allernötigsten Agogik und Dynamik singen. Was für eine Enttäuschung! Auch die sicherlich seltener zu hörenden Motetten ‘Kyrie eleison’ und ‘Heilig ist der Gott Zebaoth’ kommen derart unausgegoren daher. Mag der Chefdirigent der Flamen ein grandioser Barockinterpret sein – Romantik ist seine Sache offensichtlich nicht.

Nun stellt die CD Mendelssohns Chormusik zwei seiner kammermusikalische Werke gegenüber: das Klaviertrio Nr. 2 op. 66 und das Adagio aus der Sonate für Cello und Klavier op. 58. Hat man das nur englischsprachige Booklet aus dem reißanfälligen Pappschuber gepult, erfährt man ein wenig über die musikalische Verwandtschaft zwischen Bach und Mendelssohn, die sich vor allem in den hier eingespielten Chorwerken wiederspiegele. Das Geschriebene vermag die Aufnahme jedoch kaum zu vermitteln. Bachs Vorbild schlägt sich freilich auch im Notentext der eingespielten Kammermusik nieder und die ist denn auch transparent aufgenommen und eingespielt, wobei gerade im Opus 58 beim Cello ein wenig mehr romantischer Duktus wünschenswert wäre.

A disappointing release, with overall unsatisfying performances. Niquet might be a fabulous musician for baroque music, yet his encounter with the romantic repertoire is highly unsuccessful. His choir lacks a clear and homogenous sound, and his conducting is not really inspired.

 

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