Moments of Vision: Robin Holloway: Klaviertrio + Moments of Vision (Liederzirkel für Sprecher, Klaviertrio und Schlagwerk); Peter Seabourne: Klaviertrio; Benjamin Harris Sprecher, Peter Britton, Schlagwerk, Avant Klaviertrio (Rebecca Raimondi, Violine, Urska Horvat, Cello, Alessandro Viale, Klavier); 1 CD Sheva Contemporary SH271; Aufnahme 2020, Veröffentlichung 05/02/2021 (62'28) – Rezension von Uwe Krusch

Die Besetzung für Violine, Cello und Klavier ist zumindest mit heutigem Instrumentarium nicht ganz einfach zu realisieren, da dem Klavier sehr leicht ein Übergewicht im Klang zukommt, was sich wegen seiner am Solokonzert ausgerichteten Corpus fast zwangsläufig ergibt. Robin Holloway nähert sich dem Trio in zwei Weisen.

Beim Trio lässt er oft Soli oder Duette spielen, so dass hier leicht eine Ausgeglichenheit erzielt werden kann. In Moments of Vision, auf Worte von Virginia Woolf aus ihren Skizzen Moments of Being gibt es eine Erweiterung, indem er einen Sprecher und einen Schlagzeuger zum Trio gesellt.

Peter Seabourne widmet sich der Besetzung viel klassischer. Er nimmt es als eine fast symphonische Einheit in nahezu klassischer viersätziger Form mit einem an zweiter Stelle stehenden Scherzo.

Während das Seabourne-Trio somit mehr oder weniger in gewohnten Bahnen zu hören ist, zerfällt das Holloway-Stück für die Ohren in ein Patchwork aus einzelnen Elementen, die nebeneinander bestehen. Das ist dann wie in einer gleichnamigen Familie. Ob sich alle Mitglieder miteinander verstehen oder zusammen gehören – wollen, erschließt sich nicht unbedingt dem Hinzutretenden sofort. Beim titelgebenden Moments of Vision führt die Erweiterung, insbesondere durch den Sprecher, zu einem völlig anderen Erlebnis. Obwohl die Texte aus den Skizzen nur zusammen gesammelt wurden, ergeben sie doch eine fortlaufend wirkende Darstellung, die mit ihren angerissenen und trotzdem tiefgründigen Inhalten einen Lebenslauf andeuten.

Die Interpreten interpretieren die Werke von Lehrer Holloway und Schüler Seabourne mit fein austariertem Zugriff, der den Gestus der Kompositionen gut erkennt und dementsprechend den Charakter anschaulich darzustellen weiß. Das in allen drei Werken gefragte Avant Trio ist auch den Umgang mit modernen Stücken gewohnt, so dass die Textur ihnen leicht von der Hand geht. Mit zwei italienischen Künstlern, Geigerin und Pianist, zeigen sie ebenso gut formulierte wie lebensbejahende Interpretationen. Benjamin Harris, selber Komponist vor allem für Werke, bei denen Worte einbezogen sind, gibt dem Text ein ebenso sinnhaftes wie sich an die Musik anfügendes Eigenleben, das Moments of Vision zu einem aufmerksamkeitsbindenden und auch nachdenklich stimmenden Ganzen formt.

The instrumentation for violin, cello and piano is not easy to realize, at least not with today’s instruments, since the piano very easily becomes dominant. Robin Holloway approaches this in two ways. In the Trio, he often allows solos or duets to be played. In Moments of Vision, on words by Virginia Woolf from her sketches Moments of Being, he added a speaker and a percussionist.
Peter Seabourne has a much more classical approach. He takes it as an almost symphonic entity in near-classical four-movement form with a scherzo in the second place.
While the Seabourne Trio can thus be heard more or less in the usual way, the Holloway piece disintegrates into a patchwork of individual elements that exist side by side. It is then like a family. Whether all the members get along with each other or want to belong together is not necessarily immediately. In the case of the titular Moments of Vision, the expansion, especially through the speaker, leads to a completely different experience.
The performances are well shaped, finely balanced and lively. The Avant Trio is used to dealing with modern pieces, so that the music is easy to handle for them. With two Italian artists, violinist and pianist, they present interpretations that are as well formulated as they are life-affirming. Benjamin Harris, himself a composer mainly of works that involve words, gives the text a life of its own even though remaining close to the music, making Moments of Vision attention-grabbing and thought-provoking.

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