Thierry Escaich: Prélude symphonique à deux movements für Streicher; Betsy Jolas: Side Roads für Cello und Streichorchester; Anssi Karttunen, Cello, Orchestre National d'Auvergne Clermont-Ferrand, Roberto Forés Veses; Digitalveröffentlichung 21 Music 065; Aufnahme 10/2019, Veröffentlichung 06/2020 (29'45) – Rezension von Uwe Krusch

Zwei jüngste Kompositionen stellt das Orchestre National d’Auvergne Clermont-Ferrand unter seinem Chefdirigenten Roberto Forés Veses digital vor, darunter das vom Orchester mit in Auftrag gegebene Side Roads von Betsy Jolas. Das Werk der französischen Komponistin kam auf Anregung des mit ihr seit langem befreundeten Cellisten Anssi Karttunen zustande, der auch den Solopart übernommen hat. Ursprünglich von ihm als Ergänzung gedacht zu den beiden kurzen Werken Scene von Toru Takemitsu und Grave von Witold Lutoslawski, beide für Cello und Streichorchester gesetzt, hat es mit zwanzig Minuten eine eigene Größe erreicht, die auch eine alleinige Aufführung zulässt.

Karttunen kann hier seinen kraftvollen und zugleich nicht auftrumpfenden Stil in bester Manier entfalten, da er über mehrere gemeinsame Projekte mit der Komponistin bestens vertraut ist. Dieses immer melodiös getragene Werk erkundet im persönlichen Stil seiner Erschafferin, eben auf Nebenwegen abseits von Vorgaben, klangliche Möglichkeiten im Zusammenwirken von Cello und Streichorchester. Entstanden ist ein angenehm selbstbewusst klingendes Werk, das vom Solisten getragen wird.

Das zweisätzige Prélude symphonique von Thierry Escaich, ebenfalls französischer Komponist, der eine Residenz beim Orchester innehat, entstand als Auftragswerk der Beethovenhalle Bonn. Diese Partitur ist eine kraftvolle und virtuos vibrierende Hommage an Beethoven aufgrund seiner beiden Klaviersonaten Waldstein und Pathétique. Ebenfalls für Streichorchester komponiert, versucht Escaich die fehlenden Bläser dadurch zu ersetzen, dass er die Streicher mit besonderen Aufgabenstellungen in Randbereiche zwingt und so neue Klangansätze erforscht. Die zweimal fünf Minuten sind gekennzeichnet durch Rhythmik und Bewegung und halten Musiker und Zuhörer in Bann.

Das Orchester zeigt sich in diesen Konzertmitschnitten als probater Vermittler der Musik. Die verzwickten Anforderungen bei den beiden Sätzen von Escaich bringen das Orchester in lebhaften Schwung, aber nicht aus der Ruhe. Bei Jolas bieten sie Cellisten die Umgebung, in der er seine Spielkünste entfalten und aufblühen lassen kann, ohne dass das Ensemble an den Rand gedrängt wird. Vielmehr tragen sie ihren Teil, dazu bei, dass diesem Stück Atem zum Leben eingehaucht wird. Die Aufnahme im Konzert führt nicht zu Abstrichen in der Qualität.

Under its principal conductor Roberto Forés Veses the Orchestre National d’Auvergne Clermont-Ferrand is presenting two recent compositions in a digital release. Co-commissioned by the orchestra, Side Roads by the French composer Betsy Jolas was composed at the suggestion of cellist Anssi Karttunen. Karttunen can unfold his powerful and at the same time unostentatious style in the best possible manner, since he and the composer are very familiar with each other through several joint projects. The result is a pleasantly sounding work.
The two-movement Prélude symphonique by Thierry Escaich, also a French composer, was commissioned by the Beethovenhalle Bonn. This score is a powerful and virtuosically vibrating homage to Beethoven. Also composed for string orchestra, the two times five minutes are characterized by rhythm and movement and keep musicians and listeners spellbound. The orchestra shows itself to be an effective mediator of the music. Escaich’s challenging piece brings the orchestra into lively swing, but not out of composure. In Jolas’ work, they offer the environment in which the cellist can develop and flourish his playing skills without being marginalized as an ensemble.

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