Franz Schubert: Wanderers Nachtlied, 36 Lieder; Matthias Goerne, Bariton, Helmut Deutsch und Eric Schneider, Klavier; 2 CDs Harmonia Mundi HMC 902109.10; 2011/12 (130'36) – Rezension von Guy Wagner

Interessant ist, dieses neue Doppelalbum mit Schubert-Liedern, gedeutet von Matthias Goerne, zu vergleichen mit dem ersten Doppelalbum ‘An mein Herz’, das 2008 als Nummer 2  seines Schubert-Projekts mit den beiden gleichen Pianisten erschienen ist. Man kann nur feststellen, dass der Sänger einen weiteren Reifeprozess durchgemacht hat, obschon er einen solchen de facto nicht nötig gehabt hätte. Dies allein aber bestätigt, dass Goerne immer weiter an Schuberts Kompositionen, an sich und an seiner einzigartigen Stimme gearbeitet hat: ‘Wer immer strebend sich bemüht…’

Ja, diese Stimme! Sie ist noch samtweicher geworden, noch flexibler, sie schafft es, auch feinste Nuancen noch feiner wiederzugeben, die Bedeutung und die Dramatik jeden Wortes noch intensiver zu gestalten. Was Goerne jetzt gelingt, ist bisher nur Fritz Wunderlich geglückt: soviel Farbe, soviel Wärme und Geschmeidigkeit in die Stimme hineinzulegen, dass dadurch der Gehalt eines Textes eine andere Dimension erreicht.

Dies hängt natürlich auch damit zusammen, wie meisterlich der Sänger jede Phrase gestaltet, jede Dynamik aus sich selbst erwachsen lässt, jede gedankliche Architektur mit Leben erfüllt. Zurückhaltung und Dramatik wechseln sich zudem auf einmalige Weise ab. Hat man das Lied ‘Der Zwerg’, eines der fremdartigsten und ungeheuerlichsten von Schubert, je so eindrucksvoll gehört, zumal es Goerne meisterhaft versteht, die drei Ebenen: Erzähler, Königin, Zwerg von einander abzuheben? Hat man je so ein warmes Legato erlebt wie in Goernes Gestaltung von ‘Die Blumensprache’? Je soviel Innigkeit wie in ‘Wanderers Nachtlied’? Je eine derartige Wärme wie in ‘Litanei’? Je eine so unendliche Nostalgie wie in ‘Dass sie hier gewesen’?… Hinzu kommt die Intelligenz der Liedauswahl, die auf geradezu magische Weise Einsicht in den Reichtum der schöpferischen Kraft des Franz Schubert gibt.

Nicht unerwähnt sollen die beiden hervorragenden Partner von Matthias Goerne bleiben, Helmut Deutsch, der Wissende, Gestaltende, und Eric Schneider, der Nachdenkliche, Besinnliche.

Fazit: Auch, dieser Doppelband, der achte des Schubert-Projekts, ist ein musikalisches und sehr menschliches Ereignis geworden.

With his outstanding voice, hat has become even more velvety-soft, more flexible, Matthias Goerne  is able to get finest nuances, more color and more warmth, to give a more intense meaning to the words so that the text reaches another dimension.

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