Mit gerade mal 10 Jahren war Mikhailo Khoptyanov der jüngste Interpret beim Residenzkonzert der Musikakademie Liechtenstein aus der Meisterklasse von Latica Honda Rosenberg in Eschen. Guy Engels berichtet.

Der junge Ukrainer ist, wie er selbst sagt, ein großer Paganini-Fan. Ob es allerdings ratsam war, die Moses-Fantasie des Teufelsgeigers als Stück auszuwählen, darf bezweifelt werden. Mikhailo Khoptyanov verfügt sonder Zweifel über gute musikalische Veranlagungen, aber mit den kniffligen technischen Ansprüchen des Paganini-Werkes waren seine kleinen Finger sicht- und hörbar überfordert.

Vielleicht wäre ihm die 20. Chopin-Nocturne in der Bearbeitung von Nathan Milstein mehr entgegengekommen? Avalon Stottrop spielte das Werk sehr stimmungsvoll, mit einem leicht melancholischen Unterton und fast träumerischer Selbstverständlichkeit. Der deutsche Geiger ließ seinen Bogen wunderbar gleiten und brachte sein Instrument wiederholt zum Singen.

Ähnliches gilt für Helene Freytag, die ein großes gestalterisches Vermögen an den Tag legte. Ihre Lektüre des Andante-Satzes von Prokofjews zweitem Violinkonzert bestach durch die feine Poesie, die sie in jeden Bogenstrich legte. Helene Freytag ließ der Musik viel Raum zur Entfaltung. Das ganze Andante assai entwickelte sich so sehr organisch und die kurzen, feinen virtuosen Zwischenspiele fügten sich ganz natürlich in die Gesamtstruktur ein.

Maxim Bergeron hatte sich ebenfalls für einen Auszug aus einem Violinkonzert entschieden – das Violinkonzert von Alexander Glasunow.  Der kanadische Musiker ist ein äußerst ausdrucksstarker Musiker, der mit seiner intensiven Lektüre und seiner differenzierten Phrasierung durchaus überzeugte. Allerdings hätte man sich gewünscht, dass Bergeron in manchen Augenblicken die Musik loslässt, noch mehr Leidenschaft in die Noten bringt und weniger kontrolliert spielt. Die Kontraste wären noch stärker, die Musik gewänne an zusätzlichem Relief.

Anschließend hatte Tatiana Chernichka am Klavier Pause, denn Ilva Eigus beeindruckte uns mit einer packenden Interpretation von Ysaÿes Solo-Sonate Opus 27/4. Wie die Geigerin den improvisatorischen Charakter dieses Werkes geradezu auskostete, wie sie in keinem Moment in der Spannung nachließ, zeugt von tiefem musikalischem Verständnis. Ilva Eigus ist eine äußerst kommunikative Musikerin. Sie wusste das Publikum in Eschen mit auf ihre musikalische Reise zu nehmen, eine Reise, auf der Ilva Eigus auch mal in die Vollen ging, wenn es dramaturgisch passte. Zu ihrer feinen Musikalität gesellte sich im Finale dann noch eine stupende Technik.

Den Schlusspunkt setzte Sophie Branson mit einer schwungvollen, lebhaften Valse-Scherzo von P.I. Tschaikowski. Das Spiel der Geigerin wirkte nie plakativ, sondern fein differenziert. Sophie Branson hatte stets etwas zu sagen, Leerstellen gab es in dieser Interpretation nicht. Einmal mehr erlebten wir eine Stipendiatin der Musikakademie Liechtenstein, die weiss, wie man eine Partitur nicht einfach spielt, sondern gestaltet.

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