Sieben Pianistinnen und Pianisten aus der Klasse von Milana Chernyavska an der Internationalen Musikakademie Liechtenstein präsentierten sich im Rathaussaal zu Vaduz. Guy Engels berichtet.
Es waren sieben Gefühlswelten, die in diesem Konzert durchschritten wurden, sieben erlebnisreiche musikalische Momente, die in der abschließenden Sonate in h-Moll des ukrainischen Komponisten Levko Revutsky gipfelten. Illia Ovcharenko investierte sich quasi mit Haut und Haaren in die Partitur seines Landsmannes. Die Intensität der Musik, die Emotionen und vor allem die Spannung waren in jedem Augenblick greifbar und lösten sich nur gelegentlich in den lyrischen, gebetsähnlichen Zwischenepisoden von ergreifender Intimität.
Ähnlich emotional berührend war der Vortrag von Hyena Cho, die mit ihrer Lektüre von vier Szymanowski-Präludien das Publikum spürbar gepackt hatte. Besonders die schwebenden Klänge dieser Musik ließen eine außergewöhnliche Atmosphäre entstehen, eine Energie, die nicht aus den Fingern sondern aus dem Innersten der Interpretin kam.
Karol Szymanowski stand zudem mit drei Mazurken auf dem Programm – interpretiert von Sonja Kowollik, die uns drei Kurzgedichte präsentierte, musikalische Poesie vom Feinsten. Allein wenn man der Pianistin zusieht, kann man leicht erahnen, wie sie selbst die Musik lebt, erlebt und mit ihrem Publikum teilt.
Marzuken gab es noch einmal in diesem Konzert – drei Mazurken von Frédéric Chopin, gespielt von Kira Frolu. Chopins Mazurken sind ja in gewisser Weise tänzerische Trugbilder. Kaum hat man den Tanzrhythmus erwischt, schweift der Komponist in tiefere Sphären ab. Genau diese Symbiose gelang Kira Frolu geradezu perfekt, vor allem durch den dramaturgisch klugen Einsatz der Rubati – minimale, fast unbemerkte Eingriffe, die wunderbare Wechsel von Stimmungen und Klangfarben hervorzaubern.
Den Auftakt eines kohärenten Konzertprogramms, das uns von der Klassik bis in die Spätromantik führte, machte Ivan Petrović-Poljak mit zwei Sätzen aus der Haydn-Sonate G-Dur, Hob XVI:40. Innocente – unschuldig, unbekümmert ist der erste Satz überschrieben, und gerade diese Unbekümmertheit brachte Ivan Petrović-Poljak mit seinem leichtfüssigen Staccato, mit seinem irgendwie lieblich dahintrollenden Spiel wunderbar zur Geltung. Der Pianist ist ein Geschichtenerzähler und weiss das schlichte Grundmotiv immer wieder spielerisch neu und spannend zu erzählen, eine Lektüre, die uns zudem ein berauschendes Presto bescherte.
Indes Ivan Petrović-Poljak uns in seiner Interpretation Anflüge von Romantik erahnen liess, entführte uns Gur Sargsyan in Beethovens schicksalhafte Beziehung mit der Musik. Allerdings brauchte der Pianist einige Anlaufzeit, bis er vollkommen im Beethovenschen Universum angekommen war. Zu Beginn ließ der vorauseilende Charakter seiner Appassionata-Lektüre der Schicksalhaftigkeit keine Chance, später kam dieses Motiv viel pointierter und nachhaltiger zum Tragen. Die Musik gewann an Tiefe, an Kraft und Intensität, zog den Interpreten wohl selbst derart in ihren Bann, dass sie ihn gegen Ende des Satzes fast überrumpelt hätte.
Kraft und Intensität zeichneten auch die Darbietung von Can Sarac aus. Er hatte sich mit Liszts Transzendentaler Etüde Nr 10 ein echtes Schwergewicht vorgenommen, das er technisch bravurös meisterte. Auch musikalisch hat Can Sarac Liszts Welt schon tief erkundet. Man spürt allerdings, dass seine Suche noch lange nicht zu Ende ist, dass zur rein körperlichen Energie, die der Komponist unmissverständlich verlangt, auch die innere Energie gehört, die rechte Balance zwischen Technik und Musik.
Das Konzert sowie die Interviews mit den Studenten können Sie online unter diesem LINK kostenlos und jederzeit anschauen!