Ein Interview von Remy Franck mit Festivalintendant Hermann Lewen

Hermann Lewen
(c) Mosel Musikfestival - Foto Thewalt,Wittlich

Hermann Lewen, Ihr Mosel Musikfestival ist nun fast 30 Jahre alt. Wie kamen Sie dazu, diese Veranstaltungsreihe ins Leben zu rufen?
Wir sind eines der ältesten klassischen Musikfestivals in Deutschland. Die Idee lag nahe, angesichts der Fülle an herrlichen Kirchen, Barockbauten und Winzerhöfen, ein Festival entlang der Mosel ins Leben zu rufen. Als wir 1985 starteten, galt die Mosel noch als eine Region des Massentourismus, und es wäre schade gewesen, diese Gegend diesem Klischee zu überlassen. Das Festival war eine der Möglichkeiten, die Moselregion aufzuwerten. Es gab für uns keine Stadtgrenzen, keine festen Standorte, sondern wir wollten die ganze Mosel bespielen, und das war von Anfang an ein großer Erfolg.

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Was ist denn das Besondere an dem Festival?
Wir haben auf 200 Moselkilometern über 70 Konzertorte, die eigentlich keine wirklichen Konzertorte sind. Davon wählen wir je nach Repertoire jeden Sommer ca. 35 aus, um unser Festival durchzuführen. Unsere Konzertorte geben uns die Möglichkeit, das Publikum in einen meist intimen Rahmen sehr nahe an die Musiker heranzubringen. Das ist reizvoll für die Besucher wie für die Musiker, die – aus kommerziellen Gründen – oft in zu großen Sälen spielen müssen, in denen die Nähe zum Publikum nicht mehr gewährleistet ist. Hinzu kommt, dass wir die Architektur mit der Musik verbinden, sie kulturhistorisch mit einbeziehen, und das Ganze mit Riesling und guter Küche krönen, um ein Ganzheitserlebnis zu garantieren.

Nun ist dieses musikalisch-kulturell-gastronomische Angebot doch eher etwas für Nicht-Moselaner. Kommt Ihr Publikum tatsächlich von ‘draußen’?
Unser Publikum kommt zu 75 Prozent aus einem Umkreis von 100 Kilometern zum jeweiligen Konzertort. Das zeigt uns, dass es in der Region ein Bedürfnis für dieses Angebot gibt und auch den Wunsch, das Konzerterlebnis mit einem gemütlichen Rahmenprogramm zu verbinden. Das hat auch zu diesem Erfolg mit 90 % Platzauslastung geführt, wodurch wir kaum externe Werbung machen mussten, mit dem Ergebnis, dass unser Mosel Musikfestival immer noch als eine Art Geheimtipp gilt.

Sie bereichern also die Region mit einem Musikangebot, dass die Leute von hier sonst nicht haben.
Wir tragen tatsächlich zur Lebensqualität in dieser Region bei.

War es denn nicht schwierig, namhafte Künstler zu überzeugen, in diese ihnen als Musiklandschaft kaum bekannte Region zu kommen? Sie haben ja immerhin sehr bekannte Namen in ihren Konzerten.
Das war nicht ganz einfach! Ich hatte durch meine Tätigkeit als Kulturreferent der Stadt Wittlich einen Draht zur Szene, aber ich musste doch am Anfang viel rumreisen und viel Überzeugungsarbeit leisten. Und als dann die ersten bekannten Künstler kamen, Barbara Hendricks, Peter Schreier, Ludwig Güttler, Thomas Quasthoff und andere mehr, war das ein Portfolio, das man vorzeigen konnte. Und im Milieu hat es sich schnell rumgesprochen, wie gesellig es bei uns zugeht. Unser Hotelangebot ist exzellent, genau wie die Küche mit vielen Sterne-Köchen, kurzum, wir wurden schnell zu einer guten Adresse.

Nun kommt ja noch hinzu, dass sie von den Musikern erwarten, auch an ganz ungewöhnlichen Orten zu spielen, z.B. in einem Park oder in einer Weinkellerei….
Wir waren immer sehr mutig. Wir haben schon 1985 die ersten Opern Air-Klassikkonzerte in Deutschland gemacht. Wir haben Händels Wassermusik an der Mosel gemacht, Bach im Buddha-Museum in Traben-Trarbach, Musik im Weinkeller, wir haben Wandelkonzerte eingeführt. Wir versuchen die verschiedensten Formen, aber immer, und das ist uns sehr wichtig, in Verantwortung zur Musik.

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Nun ist das ja auch eine Frage des Geldes. Sie haben ein Budget von fast einer Million Euro. Das ist viel Geld…
Wir sind eine kleine, flexible Struktur, aber wir haben natürlich aufgrund unserer Konzertorte extreme Infrastrukturkosten. Wir sind eine Art musikalischer Wanderzirkus mit mobilen Bühnen, Stühlen, Dixie-Toiletten, Kasse, Lautsprecheranlage und allem, was sonst noch dazu gehört. Hinzu kommen die Künstlergagen. Mit rund einer Million Euro ist unser Budget knapp bemessen. Wir bekommen in diesem Jahr 185.000 Euro vom LandRheinland-Pfalz, wir erhalten von Privatfirmen aus der Region ca. 250.000 Euro. Es gibt noch diverse kleinere Beträge von den Kommunen, aber den Rest spielen über Eintrittsgelder ein. Unsere Preise entsprechen dem nationalen Niveau, und die Leute sind bereit, diese Preise zu zahlen, weil sie in einem schönen Ambiente erstrangige Musiker hören können.

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Wie kamen Sie dazu, Konzertveranstalter zu werden?
Ich bin ein Bauernsohn, aber meine Mutter war eine begnadete semi-professionelle Altistin und ich bin als Kind mit ihr durch die Dorfkirchen gezogen. Sie hat Händel-Oratorien gesungen und Bach-Messen. Ich war schon als Kind fasziniert von der klassischen Musik. Ich habe selber etwas Klavier und sogar Orgel gelernt, aber da ich spürte, dass das mir nicht richtig gelingen würde, entschied ich, Konzerte zu veranstalten, um die Musik so hören zu können, wie ich sie nie hätte spielen können. Ich hatte dann die große Chance, in den kommunalen Strukturen hier, dass man mich da hat machen lassen…

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