Schatten im Dunkel; Enjott Schneider: Phoenix, Dark Journey, Neidhart’s Nightmare; Christoph Hartmann, Johannes Fischer, Oliver Triendl, Tonkünstler-Orchester, Kevin John Edusei; 1 CD Wergo WER 5115 2; Aufnahmen 09/2015, Veröffentlichung 08/2016 (59'22) – Rezension von Uwe Krusch

Die vorliegende CD ist die jüngste von rund zwei Dutzend Aufnahmen eines lebenden Komponisten. Eine Begründung dafür könnte sein, dass seine Werke das Publikum ansprechen. Dabei kann man kaum annehmen, dass er ‘das’ Publikum hat, da er Opern, Orchesterwerke und Kammermusik schreibt, einen Schwerpunkt auf geistliche Musik legt und auch noch hunderte, teilweise prämierte Filmmusiken komponiert hat.

In dieser Aufnahme kommen drei Solokonzerte, darunter ein Doppelkonzert zu Gehör, die zusammen eine emotionale Reise des Hörers ins Dunkel bieten. Das jüngste Werk, ‘Dunkelreise’ für Oboe und Streichorchester bildet den Mittelpunkt der CD. Zur Solo-Oboe gesellt sich ein Streichorchester. In einem Rahmen aus Introduktion und Epilog und unterbrochen von zwei Intermezzi werden drei Fragmente, die der jung an Wahnvorstellungen verstorbene Hans Rott hinterließ, zu einer musikalischen Erzählung verbunden und bilden so eine eindrückliche Reise in die erlöschende Psyche. Die zugrundeliegenden Strukturen von Rott geben dem Werk, im Vergleich zu den beiden anderen Kompositionen, einen stärkeren tonalen Gehalt.

Am Beginn des Programms steht ‘Phoenix“, das Doppelkonzert für Oboe, Schlagzeug und Streichorchester. Der Phoenix als Symbol der Unsterblichkeit findet sich sowohl in mittelmeerischen als auch asiatischen Mythologien. Hier wird – vom ägyptischen Schöpfungsmythos – Bennu als erstes Lebewesen auf einer Insel im Nil mit dem Solo am Ende des ersten Satzes in Musik gesetzt. Zunächst als Gleichnis über die ewige Wiederkehr des ewig Schönen geplant, floss in die Komposition die Realität ein, da es zeitgleich mit dem Ableben der Widmungsträgerin Gabriele Weiner entstand. Der Kreislauf des Verbrennens und Wiederauferstehens wurde personalisiert durch die Wellen von Verlust und Schmerz auf der einen Seite und Hoffnung auf Licht andererseits. Der dritte Satz endet friedvoll in Trauer.

Die Komposition ‘Neidhart’s Nightmare’ knüpft als Minnelied für Klavier und Orchester an den Minnesänger Neidhart von Reuental an. Dieser hatte, anders als etwas Walter von der Vogelweide, die dörperliche Dichtung (Dörper = Dörfler, Bauer) begründet, eine Spielart des Minnesangs, indem er in seinen Liedern vornehmlich das hoffärtige Treiben und die derbere Liebesweise der Bauern mit geistreich humoristischer Laune schilderte und nicht das höfische Leben oder die ferne Liebe. Ein weiterer literarischer Bezug findet sich im zweiten Satz, in dem das orgiastische Klavierspiel von Hanno aus dem Zauberberg von Thomas Mann bis hin zur Ermattung, ausgedrückt in einem langen und leisen Arpeggio, einkomponiert wurde. Die Orchesterbesetzung zeichnet sich durch die fehlenden Violinen einerseits und die jeweils dreifach geteilten Bratschen und Celli aus. Gewidmet ist das Werk dem Pianisten Siegfried Mauser.

Das Tonkünstler-Orchester hat sich bereits zuvor dem Komponisten auch zusammen mit dem Dirigenten Edusei gewidmet. Hier treten als Solisten der Oboist und Widmungsträger Christoph Hartmann, Johannes Fischer am Schlagzeug sowie am Klavier Oliver Triendl hinzu. Ihnen gelingt eine beeindruckende Wiedergabe der Kompositionen. Die dunklen Aspekte der Werke werden mit warmen Streicherklang bedient und die Oboe weiß mit ihrem Timbre diese Stimmung zu intensivieren.

A further CD with works by composer Enjott Schneider associates three solo concertos, one of them being a double concerto. The common point here is an emotional journey in the darkness, whether of mythology, the psyche or the past. The performances are impressing.

 

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