Mieczyslaw Weinberg: Sämtliche Violinsonaten Vol. 3 (Violinsonaten Nrn. 3 & 6; Sonate für Violine solo Nr. 3); Yuri Kalnits, Violine, Michael Csanyi-Wills, Klavier; 1 CD Toccata TOCC 0096; Aufnahme 07/2015 + 07/2020, Veröffentlichung 03/2021 (60'36) – Rezension von Uwe Krusch

Wenn man bedenkt, dass die Veröffentlichung der ersten beiden Sonaten von Weinberg, jene für Violine solo und die mit Klavier, durch dieselben Interpreten noch im Jahre 2010 als Ersteinspielung vermerkt wurde, so liegt die (Wieder-) Entdeckung dieses Komponisten noch nicht so lange zurück. Mit ihrer auf vier Teile angelegten Aufnahme aller Sonaten haben der Geiger Yuri Kalnits und der Pianist Michael Csanyi-Wills nunmehr die dritte Stufe erklommen. Wiederum zeigen sie diese Musik mit ebenso viel Hingabe wie intellektueller Durchdringung, dass es eine Freude ist, diesen Kosmos zu bereisen. Das wirkt sich dann auch auf den Hörgenuss aus.

Nun mag mancher denken, dass beispielswiese die dritte Sonate mit ihrer von Beginn an deutlich schärferen harmonischen Sprache nicht gerade ein einfacher Hörgenuss ist. Aber wenn man sich auf diese eigenwillige Musik mit Bedacht einlässt, entfaltet sie ihre gesamte Strahlkraft und lässt einen teilhaben an ihrer intensiven Aussage.

Die dritte Solosonate mit der Widmung an den Vater, ein passabler Geiger, lässt strukturelle Ähnlichkeiten auch zu dem eng verbundenen Kollegen Dmitri Shostakovich erkennen, ohne deswegen Weinbergs Eigenständigkeit anzukratzen. Die der Mutter gewidmete sechste Sonate mit Klavier wird hier mit op. 136bis angegeben, da sie in der offiziellen Werkliste für den sowjetischen Verband fehlte und erst 2007 im Familienarchiv zutage trat.

Yuri Kalnits und Michael Csanyi-Wills spielen die Werke mit der Gelassenheit tiefer Vertrautheit mit der Musik und unablässig intensiver Darstellung. Mit nicht nachlassender Energie vermitteln sie die Werke, ohne deswegen die handwerklich sauberen und gepflegten Pfade zu verlassen, so dass ihre Tonerzeugung, insbesondere bei Yuri Kalnits, keine Schärfen produziert, sondern immer klangvoll bleibt.

Kann Kalnits in der Solosonate seinen Duktus frei ausgestalten, so merkt ihm auch im Zusammenspiel mit Csanyi-Wills keine Einengung an. Vielmehr ergänzen sich die Partner zu einem eng verwobenen gemeinsamen Weg, der das belebende Miteinander zeigt und keine Abschweifungen von einer der Seiten raushören lässt. Dazu kommt eine, einen unauffällig transparent angenehm klingenden Ton erzeugende Aufnahmetechnik, so dass sich alles zu einem runden Gesamtbild fügt.

Considering that the release of the first two sonatas, for solo violin and the one with piano, by the same performers was still noted as a first recording in 2010, the (re)discovery of this composer is not that long ago. With their four-part recording of all sonatas, violinist Yuri Kalnits and pianist Michael Csanyi-Wills have reached the third level. Again they present this music with as much dedication as intellectual skills, that it is a pleasure to listen to their playing.
Now, some may think that, for example, the third sonata with piano, with its clearly sharper harmonic language from the beginning, is not exactly an easy listening pleasure. However, if one listens carefully to this idiosyncratic music, it unfolds its full radiance and allows one to share in its intense message.
The third solo sonata, dedicated to the composer’s father, a passable violinist, reveals structural similarities to the music of Dmitri Shostakovich, but without detracting from Weinberg’s singularity.
The Sixth Sonata with Piano, dedicated to Weinberg’s mother, is given here as op. 136bis, since it was missing from the official list of works and only was discovered in the family archive in 2007.
Yuri Kalnits and Michael Csanyi-Wills play the works with the confidence of deep familiarity with the music and an unrelenting intensity. They convey the works with unflagging energy, without therefore leaving the technically clean and cultivated paths, so that their tone, especially the one of Yuri Kalnits, produces no sharpness, but always remains sonorous.
If Kalnits is able to freely develop his characteristic style in the solo sonata, he does not show any constriction in the interplay with Csanyi-Wills. Rather, the partners complement each other in a closely interwoven common path that shows the invigorating togetherness and does not allow any digressions from either side to be heard. In addition, the recording technique produces an inconspicuously transparent, pleasant-sounding tone, so that everything fits together to form an excellent overall picture.

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