An der Mannheimer Hochschule für Musik sollen aufgrund der Sparpläne der Landesregierung 540 Studienplätze gestrichen werden. Der Hochschulrat hat in einem offenen Brief an die zuständige Ministerin vehement protestiert, will aber gegebenenfalls auf einen neuen Konzertsaal verzichten, um die Studienplätze zu retten.

Sehr geehrte Frau Ministerin Bauer,

mit blankem Entsetzen haben die Hochschulmitglieder Ihre Äußerungen im Mannheimer Morgen von heute zur Kenntnis genommen.

Sehr geehrte Frau Bauer, Sie haben also Ihr Konzept für die Zukunft der Musikhochschule Mannheim völlig verändert. Statt 300 Studienplätze – wie bisher angekündigt – sollen nun über 540 Studienplätze in Mannheim entfallen, nicht „nur“ die Orchesterinstrumente und Schulmusik, sondern die gesamte Klassik.

Wie kommt es zu diesem Sinneswandel? Welche neuen Erkenntnisse haben Sie veranlasst Ihr bisheriges Konzept zu verwerfen und völlig neue Pläne vorzulegen, die noch mit niemandem diskutiert wurden? Wie kann es sein, dass in Mannheim nun 540 Studienplätze abgebaut werden sollen, obwohl die Kürzung für das ganze Land ‘nur’ mit 500 Plätzen geplant war?

Viele Hochschulmitglieder empfinden diesen neuen Sparplan als reine Strafaktion gegen Mannheim. Was kann, was soll die Hochschulleitung diesen Studierenden, diesen Kolleginnen und Kollegen sagen?

Ein Konzertsaal für die Hochschule würde ca. 10 Millionen Euro kosten. Er kann auf dem landeseigenen Grundstück hinter den Hochschulgebäuden entstehen. Der Hochschule ist es mit hervorragender Arbeit gelungen, international ein Spitzenrenommee aufzubauen. Der fehlende Konzertsaal hat dies sehr mühsam gemacht und allen Hochschulmitgliedern großes zusätzliches Engagement abverlangt. Ein Grund für die Schließung der Klassikabteilung ist dies aber nicht.

Wenn es nicht anders geht und dadurch künftig die Arbeit als Voll-Musikhochschule fortgesetzt werden kann, verzichten wir auf den Konzertsaal. Bitte bedenken Sie aber, dass der Saal auch für die Proben und Aufführungen der Tanzabteilung dringend benötigt wird, ebenso für die Big Band der Jazzstudierenden. Eine Hochschule für Pop/Jazz und Klassisches Ballett wird ohne Saal baulich ebenso eingeschränkt ausgestattet sein wie eine Musikhochschule mit klassischer Abteilung.

Das große Erbe der weltberühmten ‘Mannheimer Schule’“ ist ihre einzigartige Orchesterkultur. Diese pflegt die Hochschule auf höchstem Niveau. Vor kurzem hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) unsere Orchesterarbeit in der Metropolregion als ‘Good Practice“ ausgezeichnet. Eine vergleichbare Bewertung gibt es im Orchesterbereich für keine andere Musikhochschule in Baden-Württemberg.

Gerade die hervorragenden Leistungen der Hochschule in der Orchestererziehung werden international gewürdigt. Die Gastspiele unseres Orchesters in der weltberühmten Carnegie Hall in New York und an der Yale University haben dazu geführt, dass diese führende Universität der USA einen Austauschvertrag mit der Musikhochschule Mannheim abgeschlossen hat.

Die Metropolregion Rhein-Neckar hat als einzige Region in Baden-Württemberg bereits vor wenigen Jahren den Wegfall des Standorts einer Musikhochschule hinnehmen müssen. Die seit dem 19. Jahrhundert in Heidelberg ansässige Musikhochschule wurde 1971 verstaatlicht, der Standort aber im Jahr 2000 aufgegeben. Dies war hinnehmbar, da die Studierenden ins benachbarte Mannheim zogen. Mit der Schließung der gesamten Klassikausbildung in der Metropolregion würde nun aber die großartige Tradition von gleich zwei Hochschulen beendet.

Sehr geehrte Frau Ministerin Bauer, Sie haben sich darüber beschwert, die Diskussion in Mannheim werde zu emotional geführt. Von einer bevorstehenden Schließung der Hochschule haben wir nie gesprochen. Eine Musikhochschule ohne Orchester, Klavier und Gesang ist aber fachlich nicht denkbar, dies ist bisher außerhalb Baden-Württembergs in ganz Deutschland Konsens.

Mit freundlichen Grüßen,

gezeichnet

Prof. Hans-Peter Dott, Vorsitzender des Hochschulrats

Prof. Rudolf Meister, Präsident

Prof. Ehrhard Wetz, Vizepräsident

Thilo Fischer, Kanzler

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