Eine sehr kurzweilige Aufführung der Mozart-Oper Le Nozze di Figaro konnte das Publikum am vergangenen Mittwoch im Grand Théâtre erleben. Von Premieren-Fieber keine Spur. Das Ensemble zeigte sich in bester Spiellaune und ließ auch gesanglich keine Wünsche offen. Der amerikanische Filmregisseur James Gray (The Yards, The Lost City of Z, Ad Astra) hatte auf Wunsch von Dirigent Jérémie Rhorer die Inszenierung übernommen, die in Co-Produktion mit dem Théâtre des Champs-Elysées stattfand, wo dieser Figaro am 26. November 2019 Premiere hatte. Dort spielte dann auch Rhorers Ensemble Le Cercle de l’Harmonie, was ja ein auf historischen Instrumenten spielendes Orchester ist. Da machte es dann auch Sinn, dass Gray auf eine zeitgerechte Inszenierung setzte mit Bildern, Kostümen und Bewegungen aus Mozarts Zeit. Gray hatte zusammen mit seinem Bühnenbildner Santo Loquasto ein stimmungsvolles Bühnenbild geschaffen, das schnell und flexibel für jeden Akt geändert werden konnte. Hatte man sich erst einmal an diese zeitbezogene Inszenierung gewöhnt, konnte man dann auch schnell hinter die Charaktere der verschiedenen Personen blicken. Und die hat Gray vorzüglich und authentisch gezeichnet. Überhaupt zeigte sich Grays Kunst besonders in der sehr natürlichen, lebendigen und direkten Personenführung. Und genau das spiegelte sich auch im Orchestergraben.
Jérémie Rhorer, der ja von der historisch informierten Aufführungspraxis herkommt, ließ das Orchestre Philharmonique du Luxembourg recht zügig und akzentreich spielen. Markante Stellen, scharfe Wendungen und ein sehr offener Orchesterklang verströmten wirkliche Opernluft. Es ging Rhorer nicht um ein schönes, homogenes und weiches Mozart-Spiel, nein, hier war Drama und Komödie angesagt, denn Sänger und Musiker befanden sich in einer steten Bewegung. Darüber hinaus ließ Rhorer das OPL unter permanenter Innenspannung spielen und trotzdem wurden alle Sänger und Ensembles ideal begleitet und getragen. Und die fühlten sich auf der Bühne hörbar und sichtbar wohl. Allen voran der großartige Figaro von Robert Gleadow, der sich durch seine Gestik, Mimik und Ausdruck zudem als exzellenter Schauspieler erwies. Seine schöne, wendige und niemals angestrengt klinge Stimme war ideal für diese Rolle. Gleadow lebte und sang den Figaro bis in die Fingerspitzen. Ihm zur Seite stand die quirlige, fesche Susanna von Florie Valiquette, die das Zeug zu einer großen Mozart-Sängerin hat. Tolles Timbre, tolle Stimme. Ihre Susanna sprühte einerseits wirkliches Feuer, auf der anderen machte Valiquette aber auch die verletzliche Seite der Figur deutlich. John Chest sang einen guten Almaviva, wenn sein Spiel auf der Bühne auch etwas steif und wenig nobel wirkte.
Mit einer wirklichen Persönlichkeit und Tiefe interpretierte Adriana Gonzales die Gräfin und bot auch gesanglich eine wahre Meisterleistung. Der pubertierende, liebestolle Cherubino wurde von Eleonore Pancrazzi rollendeckend und mit viel Spielwitz optimal dargestellt. Alle Nebenrollen waren mit Marie Lenormand (Marcellina), Ugo Guagliardo (Bartolo), Gregory Bonfatti (Don Basilio & Don Curzio), Elisabeth Boudreault (Barbarina) und Matthieu Lécroart (Antonio) hervorragend besetzt. Wer sich diese tolle Le Nozze di Figaro-Produktion im hauptstädtischen Theater ansehen will, kann das am 8. und 10. Oktober noch tun. Es lohnt sich auf jeden Fall.