Albert Lortzing: Regina; Johanna Stojkovic, Theresa Holzhausen, Jean Broekhuizen, Ralf Simon, Peter Schöne, Prager Philharmonischer Chor, Münchner Rundfunkorchester, Ulf Schirmer; 2 CDs cpo 777710-2; Live 1/11 (136'39) – Rezension von Remy Franck

Lortzing komponierte seine vorletzte Oper im Revolutionsjahr 1848, das er unmittelbar in dem von ihm selber verfassten Libretto thematisiert. Industrielle Revolution und Freiheitsideale finden hier ihren Niederschlag. Es ist also eine « ernste Oper », die Lortzing schrieb, in der zwei junge Männer, der Prokurist Richard und der Vorarbeiter Stefan, die Tochter des Fabrikbesitzers Simon lieben. Richard hat die Nase vorn und bekommt seine Regina, während Stefan leer ausgeht. Aus Rache versammelt er Freischärler um sich, zerstört die Fabrik und entführt Regina. Nach Langem hin und her gelingt es der Entführten, Stefans Gewehr zu erhaschen und ihren Entführer zu erschießen. Die Tragödie wird von den Freiheitsgesängen der demokratiebegeisterten Arbeiter übertönt. Denn das ist auch das eigentliche Hauptthema: es geht hier vor allem um den Freiheitsgedanken und um Arbeiterrechte. Das war für den Komponisten Lortzing, der in erster Linie für populäre komische Opern bekannt war, ein gewagtes Unternehmen.

Lortzing erlebte die Uraufführung seiner Oper nicht mehr. Er starb 1850 an Unterernährung.

Die Oper wurde erst 1899 in Berlin in einer bearbeiteten (d.h. textlich bereinigten) Fassung uraufgeführt. Die erste Aufführung in der Originalfassung (nach Lortzings handschriftlicher Partitur) fand erst 150 Jahre nach dem Beginn der Freiheitskämpfe statt, am 13. März 1998 im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen. Sehr begrüßenswert ist diese Neuproduktion, die ebenfalls das Original zu Gehör bringt, im Gegensatz zu der bisher einzigen Aufnahme, die 1951 in der DDR gemacht wurde und das Werk als Revolutionsoper darstellte.

Musikalisch hatte der erfahrene Lortzing mit diesem Sujet ein leichtes Spiel, weil es ihm erlaubte, mit Ensembleszene zu brillieren, in denen er eine große Meisterschaft errungen hatte. Aber es gibt auch nette Arien und Duos. Nur, so richtig will die Musik nirgends abheben. Trotz Dramatik und Musikfluss fehlen dem Hörer die guten musikalischen Einfälle, die nachhaltigen Melodien.

Dieses Manko will der hoch motivierte Ulf Schirmer mit viel Impetus und reeller Dramatik kompensieren. Nichts Beiläufiges gibt es da, sondern ein Maximum an musikalischer Rhetorik. Das gleiche Engagement ist bei den Solisten zu finden, die ein insgesamt gutes und zuverlässiges Ensemble bilden. Gewiss es gibt hin und wieder stimmliche Mängel, aber die nimmt man bei soviel eindinglicher Gestaltung in Kauf. Dennoch muss ich auch sagen, dass Lortzings Musik zu jener Kategorie gehört, die von einer Spitzenbesetzung sehr profitieren würde. Doch dafür ein halbes Dutzend wirkliche Topstimmen zu gewinnen, ist wohl illusorisch…

Known for his comic operas, Albert Lortzing choose the 1848 revolution as background for a dramatic love story. Though the music lacks melodic imagination, the very committed Ulf Schirmer succeeds by giving it dramatic fluidity and lyricism.

Connu pour les opéras comiques, Albert Lortzing choisit de placer une histoire d’amour particulièrement dramatique dans le cadre des agissements révolutionnaires de 1848. La musique n’a pas la richesse mélodique tellement appréciée des autres œuvres du compositeur, mais, très dévoué, le chef d’orchestre Ulf Schirmer réussit à maintenir l’intérêt grâce à une direction dynamique et haute en couleurs.

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