Der Europäische Komponistenpreis 2016 geht an die estnische Komponistin Liisa Hirsch für ihr Werk « Mechanics of Flying ». Das Stück wurde am 31.08.2016 im Rahmen von Young Euro Classic vom Orchester der Estnischen Akademie für Musik und Theater unter dem Dirigat von Paul Mägi uraufgeführt.

Der vom Regierenden Bürgermeister der Stadt Berlin ausgelobte Europäische Komponistenpreis würdigt die beste auf dem Festival Young Euro Classic präsentierte Uraufführung oder deutsche Erstaufführung. Gerd Kronmüller, Referatsleiter der Auslandsangelegenheiten des Landes Berlin, überreichte die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung persönlich an Liisa Hirsch.

Das internationale Jugendorchesterfestival Young Euro Classic ist alljährlich eine wichtige Plattform für aktuelle zeitgenössische Orchestermusik. Elf zeitgenössische Kompositionen standen im diesjährigen Wettbewerb: sieben Uraufführungen und vier deutsche Erstaufführungen aus Norwegen, Lettland, Estland, Mexiko, Kasachstan, den Niederlanden, Russland und Ägypten.

Bis zum Ende der letzten sehr engagierten Jurysitzung in der vergangenen Nacht lagen die Werke von Liisa Hirsch und von dem mexikanischen Komponisten Enrico Chapela « Magnetar » gleich auf. Dennoch fiel die Wahl der Jury am Ende auf Liisa Hirsch.

Die Jury begründet dies mit der beeindruckenden Fähigkeit der Komponistin, das Orchester zu einem vollen und runden Klangkörper zu vereinen: « Von Musikern und Zuhörern fordert sie gleichermaßen Konzentration und Achtsamkeit. Das Werk vermeidet sowohl vordergründige Gefälligkeit als auch abstrakte Abgehobenheit – so dass es gleichzeitig avantgardistisch-modern als auch für jeden Hörer anschlussfähig bleibt. « Mechanics of Flying » gibt der Dichte und Intensität den Vorzug vor dem Effekt und der Opulenz und das Bild des Perpetuum mobile, eines nicht enden wollenden Klangs. »

Die Entscheidung traf eine 10 köpfige Jury aus Musik begeisterten Laien unter Vorsitz der Musikjournalistin Julia Kaiser.

« Mechanics of Flying » zeichnet sich durch eine sehr komplexe kompositorische Gestaltung aus. Sie appelliert an das Ohr eines jeden Hörenden, sich auf die sehr feinen Verhältnisse von Harmonien, Farben und Wechseln einzulassen. Gestaltung und Komposition führen tatsächlich zu einem musikalischen Bild.

Liisa Hirsch über ihre Komposition: « Das Stück betont vor allem den Klang und das Hörerlebnis als solches. Es basiert auf einer einzigen Form und besteht aus zwei unterschiedlichen natürlichen Harmoniereihen. Ich versuche, die Poetik der mikrotonalen Landschaft dieser Reihen herauszuarbeiten. Beim Arbeiten hatte ich ein Bild im Kopf von einer der riesigen windbetriebenen und beweglichen Skulpturen des niederländischen Künstlers Theo Jansen. Meine Hoffnung ist, dass das Stück ebenfalls einen Wind einfängt und im Klang etwas preisgibt, das mir gar nicht bewusst war. »

Liisa Hirsch, Jahrgang 1984, studierte an der Estnischen Musikakademie in Tallinn bei Toivo Tolev und am Königlichen Konservatorium in Den Haag bei Peter Adriaansz und Cornelis de Bondt. Hirschs musikalisches Portfolio ist vielfältig; so komponierte sie Werke für Soloinstrumente (Page One für Klavier, 2003), Musik für Film (Elisabeth von Ungern Sternmeer, 2011), Ballett (Taivaltajat, 2014) und Theater (The Sun Worshippers, 2012). 2015 erregte sie mit « Ascending…Descending » für Violine und Streicher beim International Rostrum of Composers große Aufmerksamkeit. Ihre Musik zeichnet sich durch meditative Intensität aus, die nicht zuletzt durch die bewusste Verwendung von Mikro-Intervallen und geräuschhaften Clustern entsteht.

Das Konzert der Estnischen Akademie für Musik und Theater ist noch bis zum 30.09.2016 über Arte Concert vollständig abrufbar. http://concert.arte.tv

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