Leonid Desyatnikov: The Children of Rosenthal; Pyotr Migunov (Rosenthal), Kristina Mkhitaryan (Tanya), Irina Rubtsova (Nanny), Elena Manistina (Wagner), Maxim Paster (Tchaikovsky), Vsevolod Grivnov (Mozart), Vassily Ladyuk (Verdi), Alexander Teliga (Mussorgsky), Chor und Orchester des Bolschoi Theaters, Alexander Vedernikov; 2 CDs Melodiya 10 02432; Aufnahme 2015, Veröffentlichung 09/2016 (131'57) – Rezension von Uwe Krusch

Diese Oper ist eine, ja was denn nun, Märchenoper oder doch eine Horrorgeschichte? Immerhin geht es um einen ‘Dr. Jekyll’, nämlich den Kommunisten Alex Rosenthal, der im Deutschland der 30er Jahre Reproduktionsversuche macht. Nachdem ihn die Nazis vertrieben haben, kommt er nach Moskau, wo er seine Experimente so vervollkommnet, dass er Menschen schaffen kann. Und wegen seiner großen Liebe zur Oper und um die Größten wieder auferstehen zu lassen, erschafft er die fünf Komponisten, Mussorgsky, Tchaikovsky, Verdi, Wagner und zuletzt Mozart neu. Diese sind nun seine Kinder bzw. füreinander Brüder. Das ist insbesondere für Tchaikovsky, den großen Verehrer Mozarts irritierend, da er nun einen kleinen Bruder Mozart hat.

Die Oper schildert in zwei Bildern die Kreation und Geburt Mozarts 1975/76 in Moskau. Die sich anschließenden vier Bilder spielen im Winter 1993. Die Brüder erleben das Leben und Treiben am Komsomolskaya Platz, am Bahnhof der Metro-Ringlinie. Mozart und Tanya, eine Prostituierte, verlieben sich ineinander und heiraten augenblicklich. Die beiden und die Brüder beschließen, auf die Krim zu fahren und ein sorgenfreies Leben zu führen. Der geprellte Zuhälter Kela sinnt auf Rache und mischt Gift in den Wodka, mit dem die Gesellschaft anstößt. Alle trinken und erinnern sich im Sterben an dramatische Momente in ihrem Leben. Nur Mozart überlebt, weil er immun ist, und erwacht einige Tage später in einer Klinik. Die Melodien der Brüder bzw. die unerreichte Freiheit im Süden für Tanya beschäftigen Mozart und vermitteln ihm, allein zu sein.

Neben den Genannten und Nebenrollen treten über Einspielungen vom Band noch die Führer der Sowjetunion auf, angefangen bei Stalin bis hin zu Gorbachev und Yeltsin.

Musikalisch bietet uns Desyatnikov seine eigene Komposition, die allerdings ohne direkte Zitate mit Beiträgen im Stile der jeweiligen Komponisten gewürzt ist. Die Oper entwickelt sich im Labor eher getragen und ruhig und entfaltet ihren Charme erst mit den jugendlichen Brüdern. Dann allerdings wird sie turbulent und ist amüsant anzuhören. Es ist eben eine Oper, die märchenhaft daherkommt, mit Liebe garniert ist und tragisch endet.

Solisten und Ensembles des Bolschoi Theaters unter der Leitung von Alexander Vedernikov liefern eine ausgereifte und mitreißende Aufführung. Die Sänger, die natürlich russisch singen, lassen keine Wünsche offen: sie agieren auf sehr hohem Niveau. Weder nach oben noch nach unten ist einer besonders heraus zu heben, das Ensemble ist geschlossen gut. Das Orchester interpretiert auf gewohnt ausgezeichnetem Niveau und weiß sich den verschiedenen Stilen gut anzupassen. Dabei ist sicherlich die lange Erfahrung mit den Werken der behandelten Komponisten hilfreich.

Das Beiheft bietet Erläuterungen, Synapse und Libretto in Russisch und Englisch mit wenigen Bühnenfotos.

Leonid Desyatnikov’s The Children of Rosenthal is an opera about a scientist recreating five outstanding composers in vitro. Their short lifes are a mixture of fairy-tale and horror story. Musically, the styles of the famous composers are met by Desyatnikov without explicit quotation.  The soloists and ensembles of the Bolshoi present this appealing oeuvre on a very high artistic level.

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