In Paris verbrachte der amerikanische Komponist und Textdichter Cole Porter seine schöpferisch fruchtbarste Zeit. Von 1917 bis 1937 lebte er hauptsächlich, abgesehen von vielen Reisen, in der französischen Hauptstadt. Diese Zeitspanne aus seiner schillernden Biographie beleuchtet das Théâtre du Châtelet mit seiner spektakulären Produktion Cole Porter in Paris. Remy Franck hat sie sich angesehen.

Der in einer wohlhabenden Familie geborene Porter war einer der größten amerikanischen Songwriter. Aber er war auch ein verwöhntes Kind. Ein Schwuler mit einer superreichen Frau in einer beiderseits freizügigen Ehe. Ein Dandy. Jemand, der in Paris verliebt war und New York als seine wahre Heimat ansah. Eine schillernde Persönlichkeit, die Christophe Mirambeau in seiner temporeichen Inszenierung nicht in einer einzelnen Figur unterzubringen können glaubte und darum dann auch gleich drei meist simultan agierende Darsteller vorsah.

(c) Hélène Pambrun

Rund 30 von Porters unverwechselbaren Melodien und phänomenal raffinierten Texten benutzte Mirambeau in ununterbrochener Folge, angereichert mit gerade mal so viel Dialog, um den Kontext verständlich zu machen.

Cole Porter war ein Meister des sogenannten List Song, eines Liedtyps, bei dem die Texte eine Reihe von Sujets auflisten, oft humorvoll, bei Porter meistens zweideutig und voller Anspielungen, mal zutiefst romantisch, oft lasziv. Sein Lied Let’s Misbehave könnte eigentlich symbolisch für vieles stehen, was den Inhalt von Cole Porter in Paris ausmacht. Es ist die Raffinesse seiner Musik, die Intelligenz und Subtilität seiner Texte, seine Fähigkeit, Situationen aus einem unkonventionellen und unerwarteten Blickwinkel zu betrachten, die seine Genialität zeigt, aber auch von der Inspiration zeugt, die ihm Paris gab, wo er sich mit Künstlern wie Pablo Picasso, Jean Cocteau, Igor Stravinsky, Ernest Hemingway, Erik Satie und vielen anderen umgab. Inspiriert wurde er auch von seiner Frau Linda Lee Thomas, die er wirklich liebte, sozusagen als Beste Freundin, sowie von Boris Kochno, einem Tänzer der Ballets Russes von Serge de Diaghilev, mit dem er eine Zeitlang liiert war und dem er später, als das Verhältnis beendet war, in manchen seiner Liedtexte nachtrauerte.

Aber es war Porters textliche Kunst, die auch den Inspirationen den letzten Schliff gab, mit teils sehr rhythmischer, teils aber auch ruhiger, lyrischer Musik, die mehr als nur einen Hauch von Traurigkeit, vielleicht sogar von Einsamkeit enthält. Und es ist immer die bemerkenswerte Zweideutigkeit, die dem Hörer einen Einblick in eine tiefere Realität unter der Oberfläche gibt.

(c) Hélène Pambrun

In Mirambeaus Cole Porter in Paris wird das alles stark gebündelt zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle, mit wunderbaren Regieeinfällen, spritzigen Tanzeinlagen und berauschenden Kostümierungen. Die Darsteller müssen hier wohl Rekorde im Backstage-Schnell-Umziehen aufgestellt haben, wobei das Ausziehen auf der Bühne auch nicht ausblieb.

Mit beachtlicher Qualität im Darstellerischen wie auch im Vokalen, vor allem bei den Damen, sowie der vom Orchestre des Frivolités Parisiennes prächtig gespielten Musik blieb musikalisch nichts zu wünschen übrig.

Und so ergab sich ein fast zweistündiges, in einem abstrakten Bühnenbild opulent inszeniertes,

höchst erfrischendes Song-Musical, das die für seine Zeit schon recht gewagte Kunst Porters tabufrei darstellte. In so manchen Ländern und sicher nicht nur in Ungarn würde diese Show gegen reaktionäre Gesetzgebungen verstoßen.

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