Leopold Mozart wäre heute wohl nahezu ganz vergessen, wenn er nicht den Sohn Wolfgang Amadeus gezeugt und herangezogen hätte. Vielleicht würden einige Geiger seine ‘Gründliche Violinschule’ kennen. Und was sonst von ihm bekannt ist, vor allem seine Musik, wird von der Musikwelt entweder gar nicht beachtet oder minimisiert. Dabei hat er sehr wohl Wolfgang Amadeus ganz entscheiden beeinflusst, auch wenn der Sohn sich als junger Erwachsener dem Vater gegenüber sehr undankbar zeigte.

Was Leopold Mozart aber wirklich war, wie er selber ‘wurde’ und wie er Wolfgang ‘gemacht’ hat, das alles ist in einer Biografie zu lesen, die das Mozartbüro der Deutschen Mozartstadt Augsburg zum 300. Geburtstag des Musikers herausgegeben hat. Leopold Mozart wurde am 14. November 1719 in Augsburg geboren.

Die Autorin Silke Leopold hat damit aber nicht nur eine Leopold-Mozart-Biographie geschaffen, sondern ein umfassendes Zeitbild entworfen, die Leopold Mozarts Leben in seinem gesamten Umfeld zeigt und den Blick des Lesers öffnet auf die Situation der Religionen, auf das Funktionieren des Adels und des Großbürgertums wie auch der armen Leute. Leopold nimmt sich Zeit und Raum, das alles sehr ausführlich (und verständlich) zu schildern. Es sind sozusagen Informations-Nebenstraßen, die sie im eigentlichen biographischen Ablauf öffnet und auf denen sie manchmal sehr weit hineinfährt, um das gesellschaftspolitische und soziale Umfeld zu erläutern, in dem Leopold Mozart sich bewegte, ob als Jesuitenschüler, als Musiker oder als Vater von Nannerl und Wolfgang. Sogar von medizinischen Dingen, Mode, Hygiene sowie Essen und Trinken geht die Rede.

Die Autorin stellt den Vater Mozart vor allem als Kämpfer dar, der, als er sein Studium abgebrochen und die Universität verlassen hatte, um eine Orchesterstelle ebenso kämpfe wie um das Mädchen, das er heiraten wollte und das aus ärmlichen Verhältnissen stammte. Und er kämpfte vor allem für seinen Sohn, mit dem er durch halb Europa reiste, um ihn bekannt zu machen. Dass es später zu schwierigen Situationen zwischen Vater und Sohn kam, liegt, so Silke Leopold, wohl vor allem daran, dass der Vater seinem Sohn alles beigebracht hat, « nur eines nicht: die praktische Bewältigung des Alltags, die Organisation all dessen, das nicht unmittelbar mit der Musik selbst zu tun hat ». Und genau in diesen Sachen wollte Wolfgang ja auch scheitern. Sein Vater war hingegen ein Experte in Hauswirtschaft, mit angeschlossenem Reisebüro.

Dass das Komponieren dabei zu kurz kam, ist verständlich, aber Silke Leopold verwehrt sich dagegen, das kompositorische Schaffen des Vaters Mozart zu minimisieren: « Angesichts von mehr als siebzig Sinfonien, kaum weniger Serenaden, Konzerten und Divertimenti, zahlreichen liturgischen und anderen geistlichen Kompositionen, darüber hinaus noch kammermusikalischen Werken sowie Klaviersonaten, angesichts der Tatsache auch, dass sich durch genauere Forschung so manches Wolfgang Mozart zugeschriebene Werl als Komposition seines Vaters herausgestellt hat, sollte es sich erübrigen, Leopold Mozart auf ‘Possenstücke’ oder ‘Rätscherl’ zu reduzieren. »

Und so ist denn diese Biografie ein höchst informatives und spannend geschriebenes Buch, das man nur einem breiten Leserkreis empfehlen kann.

Silke Leopold: Leopold Mozart. « Ein Mann von vielen Witz und Klugheit ».
Eine Biografie. Bärenreiter Verlag BVK 2086; ISBN 9783761820865; Herausgeber: Mozartbüro der Deutschen Mozartstadt Augsburg (Pickel, Simon / Walcher, Raffaela / Krosta, Katharina); 280 S.

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