Kurt Sanderling Edition 1948-1963; Bach: Klavierkonzert BWV 1052; Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 1-5; Mozart: Violinkonzert Nr. 3 + Klavierkonzert Nr. 20; Khrennikov: Violinkonzert Nr. 1 C-Dur; Lokshin: Ungarische Fantasie für Violine & Orchester; Tchaikovsky: Melodie op. 42 Nr. 3 für Violine & Orchester; Ravel: Klavierkonzert D-Dur für die linke Hand; Szymanowski: Violinkonzert Nr. 1 op. 35; Taneyev: Konzertsuite op. 28 für Violine & Orchester; Schumann: Introduktion & Allegro appassionato op. 92 für Klavier & Orchester; Brahms: Klavierkonzert Nr. 2; Chopin: Klavierkonzert Nr. 2 f-moll op. 21; Prokofiev: Klavierkonzert Nr. 2 g-moll op. 16 + Symphonisches Konzert op. 125 für Cello & Orchester; Mahler: Lieder eines fahrenden Gesellen; Britten: Serenade op. 31 für Tenor, Horn, Streicher; Stravinsky: Konzert Es-Dur Dumbarton Oaks; Emil Gilels, Mstislav Rostropovich, Svjatoslav Richter, Yakov Zak, Maria Yudina, Maria Grinberg, Leonid Kogan, David Oistrach, Dmitri Sitkovetsky, Hermann Prey; Leningrader Philharmoniker, Radiosymphonieorchester der UdSSR, RSO Berlin, Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Sanderling; 13 CDs Profil; Aufnahmen 1948-1963, Veröffentlichung 08/2017 (824') – Rezension von Remy Franck

Mit den hoffnungslos veralteten Bach- und Beethoven-Konzerten mit Maria Yudina, klanglich unsäglich schlechten Einspielungen mit einem eher ruppig spielenden Leonid Kogan dauert es bis zur vierten CD, ehe man wirklich auf Bemerkenswertes stößt. Die CDs 4, 5 und 6 beinhalten die Aufnahmen der fünf Beethoven-Konzerte mit Emil Gilels und den Leningrader Philharmonikern, und dieser Zyklus aus den Jahren 1957/58 ist ja durch frühere Veröffentlichungen auf anderen Labels als einer der interessantesten Beethoven-Zyklen überhaupt bezeichnet worden. Er zeigt Gilels in perfekter Form, was Gestaltungskraft (welcher ein Farbenspiel!) und eine optimale Mischung von Poesie, Selle und Virtuosität angeht. Prägnanz und Spannung der Interpretationen sind phänomenal. Diesen Beethoven-Zyklus sollte jeder kennen, der sich mit diesem Oeuvre auseinandersetzt.

Das grässlich klingende ‘Konzert für die linke Hand’ von Ravel muss man sich nicht antun.

Gut restauriert sind die Einspielungen der Violinkonzerte von Szymanowski und Taneyev mit David Oistrach, also von zwei nicht so oft zu hörenden Stücken, die hier in brillanten, leidenschaftlichen und streckenweise sogar fieberhaften Interpretationen angeboten werden.

Beethovens 3. Klavierkonzert und Mozarts 20. gibt es in einer Studioproduktion mit den Wiener Symphonikern und Svjatoslav Richter bei DG. Hier sind beide Konzerte in sehr spannenden Liveaufnahmen aus Russland zu hören Auch die bekannte Liveaufnahme des 1. Beethoven-Konzerts aus Leipzig ist hoch interessant und zeigt Richters außergewöhnliche Phrasierungskunst. Diese macht auch die ebenfalls hinlänglich bekannte Aufnahme des 2. Brahms-Konzerts zum Erlebnis. Richters Spiel ist von zwingender Rhetorik und lässt einen über den desolaten Zustand des Moskauer Rundfunkorchesters hinweghören, das jedoch von Sanderling zu viel Expressivität und kraftvollem Spiel gebracht wird.

Yakov Zak, ein ukrainischer Pianist, der 1937 den Internationalen Chopin-Wettbewerbs in Warschau gewann, ist in dem sowohl von ihm als auch von Sanderling sehr kontrastreich und dynamisch breitbandig ausgeloteten 2. Chopin-Konzert und im Zweiten von Brahms zu hören.

Von berserkerhafter Intensität ist die Wiedergabe des 2. Klavierkonzerts von Prokofiev, auch mit Zak. Mstislav Rostropovich ist der Solist in Prokofievs ‘Sinfonischem Konzert für Violoncello und Orchester’ (manchmal auch ‘Cello-Symphonie’ genannt). Das zwischen 1950 und 1952 entstandene Spätwerk ist eine komplette Umarbeitung des Cellokonzerts op. 58. Das überarbeitete Konzert wurde ein Meisterwerk der späten Schaffensphase des Komponisten und als op. 125 in den Werkkatalog aufgenommen. Seitdem zählt die Komposition zu den beliebtesten Cello-Werken des 20. Jahrhunderts. Sie wurde für Rostropovich geschrieben und von diesem uraufgeführt. Etwa fünf Jahre später entstand die hier vorgelegte Aufnahme unter Sanderling, die deshalb und natürlich wegen ihrer stupenden Musikalität ein ‘Triple A’-Dokument ist.

Und dann soll abschließend noch auf die Aufnahme von Mahlers ‘Liedern eines fahrenden Gesellen’ mit Hermann Prey hingewiesen werden, die 1961 mit dem RSO Berlin entstand. Prey singt sehr leidenschaftlich und gefühlvoll, sehr beherzt, extrem textverständlich, und es ist schwer, der Wirkung der Stimme nicht zu erliegen. Kurt Sanderlings Dirigat ist ebenfalls beachtlich, allerdings könnte das Orchester besser zur Geltung kommen, wenn Prey nicht so direkt mikrophoniert worden wäre.

There are a lot of really good tone documents in this box. Most of them show Sanderling as a conducting accompanist. The recordings with Gilels, Richter, Oistrach and Rostropovich are highly valuable.

 

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