Marmen Quartet
(c) Sylvain Geyer

Am Wochenende  gastierte das das Marmen Quartet im Conservatoire de Musique in Esch/Alzette. 2013 gründet, hat das junge Ensemble bereits mehrere wichtige Preise gewonnen, darunter  je ein  1. Preis beim Bordeaux International String Quartet Competition und beim  Internationalen Streichquartettwettbewerb in Banff. Unser Mitarbeiter Alain Steffen konnte sich von hohem Niveau dieses Ensembles überzeugen.

Die Qualitäten des Marmen Quartet ließen sich schnell ausmachen. Sofort fielen die unbändige Gestaltungslust sowie die Kommunikationsfreudigkeit der Musiker auf. Jede Phrase ergab die andere. Die Musiker hörten sich zu und swaren in einem permanenten musikalischen Dialog miteinander, so dass man als Zuhörer den Eindruck erhielt, das Musikstück würde im Moment neu auf der Bühne geboren. Dazu kam einen brillante Technik und ein sehr individueller klarer Klang, der immer durchhörbar blieb. Und das, obwohl neben den Standartmusikern Johannes Marmen, 1. Violine und Bryony Gibson-Cornish, Bratsche mit Sinead O’Halloran eine neue Cellistin mit dabei war und der erkrankte 2. Violinist Ricky Gore von Laia Valentin Braun ersetzt wurde.

Als Einstieg hatte das Marmen Quartet das Streichquartett B-Dur op. 64/3 von Josef Haydn gewählt. Die Dynamik und das Zusammenspiel waren mustergültig, zudem sich jeder einzelne Musiker in besten solistischen Licht präsentieren konnte. Der Zugang zu Haydns Musik war sehr direkt und von einer wunderbaren Spiellust geprägt, die sowohl dem positiven Drive und dem musikalischen Humor des Komponisten sehr entgegenkam. Mit Humor ging es dann auch weiter. Obwohl György Ligetis 1. Streichquartett aus den Jahren 1953/54 mit dem Untertitel Métamorphoses nocturnes versehen ist und relativ langsam und ernsthaft beginnt und ausklingt, passiert in der Mitte doch enorm viel. Ligeti lässt seinen Einfallsreichtum walten, grüßt Bartok, Stravinsky und Berg und erinnert augenzwinkernd an Schönbergs Verklärte Nacht. Ein nuanciertes Wechselspiel der Farben, Tempi und Dynamik lässt den Hörer immer neue Momentaufnahmen entdecken, die dann wieder wie ein Schattenspiel verschwinden. Das Marmen Quartet spielte dieses einsätzige Werk, bei dem die zwölf kurzen Sätze nahtlos ineinander übergehen, mit höchster Konzentration und einem atemberaubenden Gefühl für räumlichen Klang. Die Musik wurde dank des subtilen und kontrastreichen Spiels der vier Musiker quasi dreidimensional wahrgenommen.

Marmen Quartet
(c) Sylvain Geyer

Nahtlos ineinander über gingen auch die sieben Sätze des Streichquartetts Nr. 14 op. 131 von Ludwig van Beethoven. Mit dramatischen Zugriff, höchster Intensität und immenser Innenspannung wurde eine Ensembleleistung von Weltklasse geboten. Nichts war dem Zufall überlassen und trotzdem war genug Raum für Spontanität. Die Innenspannung war über 35 Minuten gewährt, die technische Brillanz und das interpretatorische Können der vier Musiker waren außergewöhnlich und lassen auf eine große Zukunft dieses Quartetts hoffen.

Ohne Zweifel, dies war eines der besten Streichquartett-Konzerte, die ich in den letzten Jahren gehört habe. Nur schade, dass man sich in Esch so wenig Mühe gibt, auf solche Konzerte hinzuweisen. In der Philharmonie hätte das Marmen Quartet vor vollbesetztem Saal gespielt und wäre am Schluss regelrecht bejubelt worden. In Esch kam mit den rund 25 Zuhörern natürlich kaum Stimmung auf. Dem Marmen Quartet ist es aber hoch anzurechnen, dass die vier Musiker trotz des fast leeren Saales mehr als 100% Qualität geboten haben. Und das zeichnet große Künstler und Interpreten wirklich aus.

 

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