Valery Gergiev
Foto: Marco Borggreve

Zusammen mit 80 anderen Kunstschaffenden hat Dirigent Valery Gergiev einen Offenen Brief unterzeichnet, in dem die vorbehaltlose Unterstützung der Krimpolitik des russischen Präsidenten Putin angesagt wird. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Gergiev hinter Putin stellt. Schon wegen seiner dubiosen Haltung in der Homosexuellenfrage war er bei Demonstrationen in New York und London öffentlich kritisiert worden, in München kam gar die Frage auf, ob er als künftiger Chef der Münchner Philharmoniker überhaupt tragbar sei.

Heute sind solche Proteste und Fragen mehr denn je berechtigt, da sich Gergiev schuldig macht, völkerrechtsverletzende Ansichten seines Präsidenten zu unterstützen. Dafür muss sich der Dirigent, genau wie die Mitunterzeichner Matsuev und Bashmet, Kritik und gegebenenfalls Sanktionen gefallen lassen.

Gleichzeitig muss aber auch die Frage aufgeworfen werden, ob Gergiev aus seiner Sicht überhaupt etwas anderes hätte tun können, als diesen Brief mit zu unterzeichnen? Ist er nicht ein opportunistischer Mitläufer wie es Furtwängler und Karajan zu NS-Zeiten waren?

Es ist hinlänglich bekannt, dass sich Putin ohne Rücksicht auf Verluste mit Brachialgewalt gegen Kritiker durchsetzt. Und ein Kritiker ist jeder, der ihn nicht unterstützt. Gesetzt der Fall, Gergiev hätte sich geweigert, den Brief zu unterschreiben, der ganz klar vom russischen Kulturministerium aus initiiert und gesteuert wurde, was würde er riskieren? Die finanziellen Folgen für das Mariiinsky Theater, dessen Chef er ist, könnten verheerend sein. Er selbst ist finanziell wohl abgesichert, durch sein Einkommen im Ausland und die übergroße Zahl der Konzerte sogar ein Großverdiener. Aber sein Theater könnte schwer unter einer solchen Haltung leiden. Genau wie es nicht auszuschließen wäre, dass man ihn persönlich schikanieren könnte, denn in Intrigen, jemandem ein Verbrechen anzuhängen, sind die russischen Autoritäten ja Meister.

Es ist also nur zu verständlich, dass Gergiev diesen Unterstützungsbrief für Putins perverse Krimpolitik mit unterzeichnet hat, und angesichts der Umstände bleibt sogar zumindest fraglich, ob der Dirigent tatsächlich das denkt, was in dem Brief steht. Aber gutheißen kann eine solche Haltung letztlich niemand, der für Demokratie, Völker- und Menschenrechte eintritt. Daher: Schande über Gergiev, Schande über Matsuev, Bashmet und alle anderen, die sich aus Opportunismus zu Mitläufern eines Regimes machen, das Russland eine echte Demokratisierung immer mehr verweigert.

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