Ludwig van Beethoven: Ouvertüre Leonore 3, Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4; Richard Wagner: Vorspiel und Liebestod (Tristan und Isolde); Die Walküre Akt 1; Birgit Nilsson (Isolde), Wilhelm Backhaus (Klavier), Claire Watson (Sieglinde), Fritz Uhl (Siegmund), Josef Greindl (Hunding), Wiener Philharmoniker, Hans Knappertsbusch; 1 Blu-ray Arthaus 109213; Bild S&W 4:3; Mono; Live 1962/193, Veröffentlichung 04/2016 (152') – Rezension von Remy Franck

1962 ist Hans Knappertsbusch 74 Jahre alt. Auf einem schwarz drapierten Sockel sitzt er, wie ein Gott auf dem Olymp und leitet an diesem 31. Mai im ‘Theater an Jahr der Wien’ ein Konzert der Wiener Philharmoniker im Rahmen der Wiener Festwochen. Das Programm beginnt mit Leonore 3. Wenige Dirigenten wagten es, diese Ouvertüre in einem so irre langsamen Tempo zu dirigieren. Und wenn, dann hätten sie wohl schnell die Kontrolle verloren und bloß einen schweren und formlosen Teig produziert. ‘Kna’ gelingt es, eine große Spannung aufzubauen und aufrechtzuerhalten und die dramatische Kraft der Ouvertüre wiederzugeben.

Das gilt auch für Beethovens 4. Klavierkonzert mit der Begegnung zweier legendärer Figuren, Knappertsbusch und Wilhelm Backhaus, die in großer Ruhe ihren Beethoven feiern.

Und dann folgt, um das alles zu vollenden, eine atemberaubende Interpretation von ‘Vorspiel und Liebestod’ aus ‘Tristan und Isolde’ mit Birgit Nilsson.

Zu diesem Konzert, das vormals auf einer DVD erhältlich war, hat der Verleger nun auch noch ein weiteres hinzugefügt, das Kna-Konzert der Wiener Festwochen 1963 mit dem ersten Akt der ‘Walküre’.

Knappertsbuschs Tempi sind auch hier relativ moderat, aber er baut eine großartige Spannung auf und betont das Lyrische der Partitur, nicht ohne auch Kraft und Drama zum Ausdruck zu bringen. Mit reduzierter Gestik inspiriert er die Wiener Philharmoniker zu einem dynamisch sehr differenzierten Spiel, in das sich die Stimmen so einfügen, dass sie nie kämpfen müssen und immer verständlich bleiben: das ist ein Plädoyer für den Text in der Oper.

Die jugendliche Claire Watson als Sieglinde, der manchmal etwas gefühlsselige Fritz Uhl als Siegmund und der düstere Josef Greindl als Hunding sind die drei Solisten, die sich weitgehend perfekt in Knappertsbuschs faszinierendes Interpretieren einfügen. Und nicht zuletzt wird auch hier der vierten Figur die Gelegenheit gegeben, sehr textverständlich zu werden: das sind die sprachgewandten Wiener Philharmoniker, deren Rhetorik Kna wunderbar pflegt.

Und so ist denn diese Blu-ray ein Videodokument, das uns nicht nur in längst vergangene und unwiederbringliche Zeiten entführt, sondern eine hervorragende und unverzichtbare Hommage an den großen Dirigenten Hans Knappertsbusch darstellt.

These two concerts from the Vienna Festival 1962 and 1963 take us back to long lost times, with great performances under the baton of the over seventy years old ‘Kna’. A must!

 

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