Hector Berlioz: Symphonie fantastique op. 14 + Lélio ou le retour à la vie op. 14b; 2 CDs Wiener Symphoniker WS 020; Cyrille Dubois, Tenor, Florian Sempey, Bariton, Jean-Philippe Lafont , Erzähler, Wiener Singverein, Wiener Symphoniker, Philippe Jordan; Aufnahme 11/2018, Veröffentlichung 24/05/2019 (112'18) – Rezension von Remy Franck

Man muss schon bis zum 3. Satz der Fantastique warten, um mehr zu bekommen, als eine gute Aufführung der Symphonie. Das will nicht heißen, dass die beiden ersten Sätze langweilig wären, sie werden sehr gut dargeboten, lebendig, teilweise auch sehr gefühlvoll, und mit exquisiten Farben, aber zum wirklichen Aufhorchen reicht es nicht. Aufhorchen lässt aber der dritte Satz, der an menschlicher Wärme und Gefühlskraft und dadurch auch an Rhetorik förmlich überquillt. Mehr als eine Beschreibung eines Bildes, ist Jordan die Belebung des Bildes mit menschlichen Gefühlen und Stimmungen gelungen.

Dem Gang zum Schafott fehlt es danach leider an Spannung und Gripp, und die dynamische Absonderlichkeit am Ende des Satzes macht nun wirklich keinen Sinn. Im letzten Satz hat sich Jordan so einiges einfallen gelassen, um den Hexensabbat möglichst wirkungsvoll werden zu lassen, und da helfen ihm vor allem die virtuosen Bläser der Wiener Symphoniker ganz toll!

Wenn für die Symphonie Fantastique (1830) Berlioz’ Liebe zu Harriett Smithson als Inspiration diente, war es bei Lélio (1831) seine Verlobte Camille Moke, die den Komponisten freilich für einen anderen Mann verließ (worauf er schließlich doch Harriett heiratete, allerdings dauerte die Ehe nicht sehr lange). Musikalisch dringt die Idée fixe aus der Symphonie Fantastique in das Monodrame lyrique Lélio hinein und verbindet die beiden Werke.

Lélio, das Alter Ego von Berlioz, ist ein Erzähler, und diese Rolle übernimmt hier der Bariton Jean-Philippe Lafont als packender (eigentlich auch sehr musikalischer) Interpret der Illusionslosigkeit des Komponisten. Auch die beiden Sänger in diesem Stück sind gute Interpreten. Der junge Tenor Cyrille Dubois singt mit seiner schön timbrierten, lyrischen Tenorstimme seine Beiträge sehr zart und empfindsam. Florian Sempey ist ebenso ausgezeichnet in der Chanson des Brigands. Zusammen mit dem überragenden Wiener Singverein und den exzellenten Wiener Symphonikern gelingt Philippe Jordan eine sensible und unpathetische, aber spannende Version von Lélio.

You have to wait until the 3rd movement of the Fantastique to get more than a good performance of the symphony. That doesn’t mean that the first two movements are boring, they are performed very well, but the music is not really exciting. The third movement, however, calls for attention, as it literally overflows with human warmth and emotional power. Jordan is enlivening the landscape-picture with human feelings and moods. Unfortunately, the March to the Scaffold lacks tension, and the dynamic peculiarity at the end of the movement doesn’t really make sense. In the last movement, Jordan comes up with some good ideas to make the Dream of a Witches’ Sabbath as effective as possible, and the virtuoso wind instruments of the Vienna Symphony are here of great help! In the Monodrame lyrique Lélio the baritone Jean-Philippe Lafont is an excellent und constantly gripping narrator. With his beautifully timbred, lyrical tenor voice, the young tenor Cyrille Dubois sings very tenderly and sensitively. Florian Sempey is also excellent in the Chanson des Brigands. Together with the outstanding Wiener Singverein and the excellent Wiener Symphoniker, Philippe Jordan succeeds in creating a sensitive and unpathetical but exciting version of Lélio.

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