Trotz anhaltender Kälte und einer Trockenzeit, die durch Temperaturunterschiede in der Höhe sowie mangelndem Wind für Luftverschmutzung sorgt, ist das erste der beiden Wochenenden des ‘rainy days’-Festivals 2016 der Philharmonie Luxemburg ist erfolgreich und mit großem Publikumsinteresse über die Bühne gegangen.

Hatten sich die ersten sechs Konzerte in der Philharmonie, im Grand Théâtre und im Mudam vor allem inhaltlich dem Festivalmotto ‘into the wild’ verschrieben, ziehen die Künstler am kommenden Wochenende tatsächlich raus aus den Konzertsälen raus und tragen ihre Kunst in die Luxemburger ‘Wildnis’. Außergewöhnliche Orte wie der Bockfelsen, die verlassene ‘Gantenbeinsmillen’ in Hesperingen, die Einkaufszentren Auchan und Belle-Étoile oder das Kellergewölbe des ‘Casino Forum d’Art contemporain’ in Luxemburg werden zur Bühne von Performances und Konzerten, die speziell für diese Räume konzipiert sind.

Die beiden Aufführungen von ‘The Bock, Festung Europa’ von Daniel Ott und Enrico Stolzenburg locken das Publikum in den Hof der Abtei Neumünster, beleben den Bockfelsen, die Kasematten, die Alzette und die Abtei mit 140 Musikern der École de Musique de l’UGDA und lassen ein eindrucksvolles Klangpanorama als Reflexion der aktuellen Flüchtlingsthematik entstehen. Bei den sechs Vorstellungen von ‘Black Mirror’ von Alexander Schubert und den ‘United Instruments of Lucilin’ wird das Publikum in den Ruinen der ‘Gantenbeinsmillen’ selbst zu mitwirkenden Abenteurern.

David Helbich lädt die Besucher in seinen Performances unter dem Titel ‘This whole world is wild at heart and weird on top’ in den erwähnten Einkaufszentren sowie in der Philharmonie mit einfachen Anleitungen ein, mit Fantasie in völlig neue Rollen zu schlüpfen, die Orte neu zu entdecken und zu verwandeln. Eine ‘Intervention im öffentlichen Raum’ nennen die beiden Luxemburger Künstler Steve Kaspar und Trixi Weis ihre Installation auf dem Glacis. In einem umgestalteten Auto sind rund drei Minuten elektronische Klänge zu erleben und rücken so eines der Lieblingsobjekte des Großherzogtums in Richtung Wildnis.

In der Philharmonie wird es nicht weniger wild zugehen, wenn das ‘ensemble recherche’, zum zwölften Mal bei ‘rainy days’ dabei, in seinem Konzert aufgefordert wird, sich einmal so richtig die Wut aus dem Bauch zu spielen. Von 1914 bis heute reicht die Wut der aufgeführten wütenden Werke, von Henry Cowell bis hin zur Uraufführung der Luxemburgerin Catherine Kontz. Und dass ein Western wild ist, versteht sich von selbst: John Fords Meisterwerk des Wildwest-Genres ist mit neuer Filmmusik des Avant-Rock-Trios Blueblut mit der atemberaubenden Theremin-Virtuosin Pamelia Stickney zu erleben.

Nach zwei auf- und anregenden Wochenenden sorgt das «JSX: rainy days Finale» im sagenumwobenen Gewölbekeller des Casinos für einen stilvollen Ausklang des Festivals. An den Turntables steht der Hochgeschwindigkeitsvirtuose Jorge Sánchez- Chiong, ein Pionier des experimentellen Theaters, der Videokunst, Tanz und Elektronik.

Einen guten Eindruck vom Wildnis-Gedanken von ‘rainy days’ 2016 vermittelt der folgende Trailer:

 

 

 

  • Pizzicato

  • Archives