Philippe Jaroussky - Sacred Cantatas; Johann Sebastian Bach: Kantaten BWV 82 (Ich habe genug) & BWV 170 (Vergnügte Ruh); Georg Philipp Telemann: Kantaten TWV 1: 364 (Der am Ölberg zagende Jesus) & TWV 1: 983 (Jesus liegt in letzten Zügen); Philippe Jaroussky, Countertenor, Freiburger Barockorchester; 1 CD Warner Classics 0825646491599 + DVD mit Probenaufnahmen; Aufnahmen 12/2015, Veröffentlichung 10/2016 (74'57) – Rezension von Remy Franck

Der französische Countertenor Philippe Jaroussky präsentiert sich auf dieser CD mit vier Solo-Kantaten, zwei von Johann Sebastian Bach und zwei von Georg Philipp Telemann, und singt damit erstmals auf CD in deutscher Sprache.

Das Programm beginnt mit ‘Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust!’. Von dieser Kantate hat man gesagt, dass sie den Hörer « aufrütteln will ». Das « Sündenhaus » der Welt, in dem Hass, Neid und Feindschaft regieren wird einem « Himmelszion » gegenübergestellt. Der Dramatik dieses Textes wird Jaroussky nicht gerecht. Abgesehen davon, dass man kein Wort von dem versteht, was er singt, bleibt die ganze Bedeutsamkeit des Textes in einem süßlich balsamischen Gesang verborgen. Auch das Orchester bleibt relativ unbeteiligt und fern jener Ausdruckskraft, die beispielsweise Helmuth Rilling in seiner Aufnahme mit Julia Hamari erreichte.

Die Telemann-Kantate ‘Die stille Nacht’ ist unmittelbarer im Ausdruck und daher leichter zu gestalten. Jaroussky kommt dieser manchmal fast opernhaften Dramatik besser zurecht als mit der Musik von Bachs Kantate BWV 170.

Leider scheitert der Sänger auch an der Kantate ‘Ich habe genug’, deren Emotionalität sich ihm offenbar völlig versperrt. Abstrakter Schöngesang reicht für dieses Werk nicht. Man muss nicht bis zu Hans Hotter zurückgehen, um viele andere Interpreten zu finden, die dieser Musik Sinn und Ausdruck gegeben haben, wo Jaroussky mit artifiziell wirkendem Singen letztlich sehr blass bleibt.

In der zweiten Telemann-Kantate kommt Jaroussky dem Kern wieder näher, und auch das Orchester kann mit Telemanns Musik mehr anfangen. Von einer konturierten, textbezogenen Interpretation, wie sie Klaus Mertens in der von uns zum Vergleich herangezogenen cpo-Aufnahme gelang, sind wir allerdings auch hier noch weit entfernt, nicht zuletzt durch einen Mangel an Artikulation und der daraus resultierenden geringen Textverständlichkeit.

Und bleibt dann am Ende dieses Programms vor allem Enttäuschung, die umso schmerzlicher ist, als es die erste Enttäuschung ist, die der Rezensent mit Jaroussky erlebt.

Philippe Jaroussky’s first encounter with four German solo cantatas by Bach and Telemann is disappointing. The sweet, soothing singing lacks drama and rhetoric power.

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