Gustav Mahler: Symphonie 4; Julia Kleiter, Sopran, Royal Concertgebouw Orkest Amsterdam, Daniele Gatti; 1 CD RCO 18004; Aufnahmen 11/2017, Veröffentlichung 05/2018 (57'55) – Rezension von Uwe Krusch

Mit der Vierten setzt Gatti seine Einspielungen der Mahler-Symphonien mit seinem neuen Orchester, dem ‘Concertgebouw’ fort. Und es ist wirklich eine Fortsetzung seines eingeschlagenen Weges. Denn wieder meint man, sein italienisches Lebensgefühl herauszuhören. Die Ausgestaltung ist, wie schon zuvor bei der Zweiten, sehr raffiniert, was die Klanggestaltungen und die Schattierungen angeht. Das Orchester glänzt in allen Registern mit herausragender und auch aufnahmetechnisch kristallin herausgearbeiteter Beherrschung der Materie. Vom Tempo her halten Orchester und Dirigent sich eher auf der etwas langsameren Seite auf.

In der Durchdringung der Gedanken von Mahler sieht Gatti diese Symphonie als Gegenüberstellung von irdischem und himmlischem Leben. Der dritte Satz mit dem als strahlend empfundenen E-Dur ist der Blick ins Paradies. Und im vierten Satz singt für ihn dann der Engel, der uns dort begrüßt. Auf der Basis dieser Sicht entwirft Gatti seine Ausgestaltung.

Die Musik zeigt bei ihm eher ein Elysium, also eine Insel der Glückseligen, denn schroffe Kanten. Dem geradezu Kindlich-Unverdorbenen in manchen Passagen stehen auch dunkle Momente in dem schroffen abweisenden Totentanz des zweiten Satzes gegenüber. Aber diese lassen das Rabenschwarze eines Totentanzes vermissen, die italienische Sonne scheint trotzdem. Die Deutung von Gatti zeigt also die glückseligen Stimmungen deutlich, die nachtschwarzen werden dagegen weniger herausgestellt.

Julia Kleiter widmet sich im vierten Satz mit ihrem gut artikulierenden und technisch ansprechenden Gesang der Präsentation des von Mahler ein wenig geänderten Gedichts ‘Der Himmel hängt voller Geigen’ aus den Wunderhornliedern. Dabei steht sie mit ihrer Art der Präsentation mit beiden Beinen fest auf dem Boden, so dass die Begrüßung zum Paradies noch sehr irdisch klingt, ohne sich in himmlische Höhen aufzuschwingen.

Das mehr als hundert Jahre mit Mahlers Musik vertraute Orchester folgt der Interpretation seines neuen Chefdirigenten passgenau auf diesem Pfad. Die Realisierung ist sowohl hinsichtlich des Spiels der Musiker als auch tontechnisch herausragend.

Wegen ihres Farbenreichtums und der technischen Raffinessen ist diese Aufnahme durchaus hörenswert, auch wenn aus ihr gewisse Facetten nicht herauszuhören sind.

Ob es weitere Mahler-Aufnahmen mit Gatti und dem Concertgebouw gegeben wird, ist fraglich, denn Gatti wurde bekanntlich wegen sexuellen Missverhaltens vom Orchester entlassen.

Daniele Gatti and the Concertgebouw Orkest give a rather paradise look to Mahler’s Fourth Symphony, carefully avoiding any conflicts. The orchestra’s playing is refined. On the other side, soprano Julia Kleiter’s singing is quite earthbound. At the end, even with the missing facets, the recording remains interesting because of the colours Gatti is able to surface.

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