Innere Stimmen - Voix intérieures; Robert Schumann: Kreisleriana op. 16 + Fuge op. 72/3 + Romance op. 28/2 + Humoreske op. 20; Clara  Schumann: Geheimes Flüstern hier und dort op. 23/3; Jérôme Granjon, Klavier, Margaux Poguet, Sopran; 1 CD Animato ANM190501; Aufnahme 05/2018, Veröffentlichung 11/2019 (75'31) - Rezension von Remy Franck

Der 53-jährige Jérôme Granjon gehört nicht zur internationalen Pianistenelite, auch wenn er neben dem Unterrichten noch recht viele Konzerte spielt. Dass er gerade mit einem Schumann-Programm Aufmerksamkeit hervorruft, zeigt, wie gut sich der Franzose auch im deutschen Repertoire bewegt.

Den Titel seiner CD Innere Stimmen leitet er von Schumanns Humoreske ab, deren Manuskript diese Bezeichnung enthält. Von diesem Werk gibt er gerade wie von der Kreisleriana eine sehr persönliche Interpretation, die nicht auf starke Kontraste setzt, nichts Draufgängerisches enthält und so den Konflikten zugunsten einer inneren Erkundung der Seelenzustände aus dem Wege geht.

In der Kreisleriana, Schumanns Zyklus von acht ganz unterschiedlichen Fantasien, in denen er sich ausdrücklich auf das Fantastische, auf E.T.A. Hoffmann und seine Figur des Kapellmeisters Kreisler bezieht, spielt Granjon bei eher langsamen Tempi nuancenreich und subtil. Hier wie in der Humoreske ist man beeindruckt von einer Interpretation, deren Inneres singend, geschmeidig und klangschön ist. Die melodische Zärtlichkeit enthält viel Melancholie und die dramatische Kraft der schnelleren Passagen zerstört nie die bewegende Atmosphäre, die durch die langsameren Teile erzeugt wird. Diese einfache innere Erregung, phantasievoll wie die Musik selbst, wirkt in ihrer Natürlichkeit packend und verleiht der Platte einen außergewöhnlichen Charakter.

Granjon stellt seine Schumann-CD mit den beiden großen Werken aus dem Jahre 1838 also ganz klar unter das Zeichen der (geistigen) ‘Dämmerungsatmosphäre’. Immerhin hatte der Komponist in diesem Jahre 1838 in einem Brief an Clara berichtet, dass er bereits 1833 glaubte, « den Verstand zu verlieren“. Im März 1833 schrieb er in seinem Tagebuch von « Qualen fürchterlichster Melancholie vom October bis December“. Über die Jahre verdichteten sich die Anzeichen für eine psychiatrische Erkrankung. Im Dezember 1838 notierte er, « dass ich mich oft sehr wohl befinde, aber noch viel öfter zum Erschießen melancholisch“. Diese Melancholie lässt sich unschwer aus den Interpretationen von Granjon heraushören, auch wenn die Humoreske durchaus auch sehr drängende Passagen enthält, die sogar unbeschwert, oft aber auch obsessiv klingen.

Zwischen Schumanns eigene Werke hat Granjon ein vom Thema her sehr passendes Lied von Clara Schumann eingefügt, das Margaux Poquet mit kühl-spitzer Stimme nicht besonders schön singt. Trotz dieser kleinen Einschränkung ist diese Schumann-CD in ihrer sehr persönlichen Art eine ernstzunehmende und sehr bewegende Annäherung an Schumanns Klavierwerke.

The 53-year-old Jérôme Granjon does not belong to the international pianist elite, even though, in addition to teaching, he still plays numerous concerts. The fact that he is attracting attention with a Schumann programme shows how well the Frenchman also feels in the German repertoire.
He derives the title of his CD Innere Stimmen from Schumann’s Humoresque, the manuscript of which contains this inscription. He gives a very personal interpretation of this work, just as he does of the Kreisleriana. Rather than working with strong contrasts, his playing favours an inner exploration of the states of the soul, thus avoiding the conflicts which other pianists have suggested.
In Kreisleriana, a cycle of eight very different fantasies, in which Schumann explicitly refers to the fantastic world of E.T.A. Hoffmann and his Kapellmeister Kreisler, Granjon uses rather slow tempos, and his playing is rich in nuances and subtle. Here as in the Humoreske, one is impressed by a lyrical, supple and delicate. The melodic tenderness has a lot of melancholy, and the dramatic power of the faster passages never destroys the moving atmosphere created by the slower parts. This simple inner excitement, as imaginative as the music itself, is gripping in its naturalness and gives the record an extraordinary character.
Granjon thus clearly places his CD with the two great works from 1838 under the sign of the spiritual ‘twilight atmosphere’. After all, in 1838 the composer had reported in a letter to Clara that as early as 1833 he believed « to lose his mind ». In March 1833 he wrote in his diary « Terrible melancholic pain from October until December ». Over the years, the signs of psychiatric illness became more and more apparent. In December 1838 he noted « that I am often very well, but much more often melancholic so that I could shoot myself ». This melancholy can easily be heard in Granjon’s interpretations, even if the Humoresque also contains very urgent passages that even sound carefree, but often also obsessive.
Between Schumann’s own works, Granjon has inserted a very suitable song by Clara Schumann, which Margaux Poquet with her cool, sharp voice, does not sing very beautifully. Despite this small restriction, this Schumann CD, in its very personal way, is a serious and very moving approach to Schumann’s piano works.

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