Kaija Saariaho: Trans für Harfe & Orchester + Liederzyklus True Fire für Bariton & Orchester + Ciel d'Hiver für Orchester; Gerald Finley, Bassbariton, Xavier de Maistre, Harfe, Finnish Radio Symphony Orchestra, Hannu Lintu; 1 CD Ondine ODE 1309-2; Aufnahmen 02+05+12/2017, Veröffentlichung 04/2019 (60'37) – Rezension von Uwe Krusch

Immer wieder werden Klänge sorgsam betrachtet und in ihre Bestandteile zerlegt, um dann daraus eine neue Welt zu entwickeln. Denn diese Komponenten stehen nicht nebeneinander, sondern werden durch Übergänge und Abstufungen miteinander verbunden. Und daraus kann Kaija Saariaho dann wieder etwas Neues erschaffen. Dabei haben ihre Kompositionen immer eine Spannbreite, aus der heraus man das zarte erste Licht der aufgehenden Sonne nach der Winternacht ihres Geburtslandes ebenso wie das emsige Treiben ihrer Lebensmitte Paris heraushören mag. Jedenfalls ist ihre Musik immer kraftvoll und persönlich im Ausdruck, aber durchscheinend und filigran in der Struktur.

Dabei geben sich Saariahos Kompositionen jedoch nicht unnahbar oder verflüchtigen sich, sondern zeigen eine berührende Präsenz. Das kann man auch wieder in den drei hier eingespielten Werken erhören. Der Vokalzyklus True Fire, das Orchesterwerk Ciel d´hiver sowie das Harfenkonzert Trans, erweitern damit auch ihren Kanon der Kompositionen für Soloinstrumente.

Um für den Bariton Gerald Finley das Spektrum zu öffnen, wählte Saariaho für den Vokalzyklus True Fire sechs Texte von Ralph Waldo Emerson, Seamus Heaney sowie Mahmoud Darwish und überlieferte Worte der Tewa, Pueblo Indianern aus dem heutigen New Mexico. Diese sehr unterschiedlichen sprachlichen Vorgaben kamen erst dazu, als sie schon die musikalischen Ideen vertieft hatte, so dass sie sozusagen umgekehrt komponieren musste. Entstanden ist eine reiche prismatische und filigrane Klangpalette. Die in True Fire gleich zu Beginn anklingenden Harfen-Arabesken finden ihren Widerhall dann in dem konventionell dreisätzigen Harfenkonzert Trans.

Mit Flötenarabesken, die asiatisch anmuten und einem dichten und gleichwohl leuchtenden Orchestergewebe ist Ciel d’hiver aus unserer Zeit und changiert gleichzeitig noch zwischen französischer und asiatischer Musik.

Die beiden Solisten setzen die an sie gestellten Anforderungen mustergültig um. Finley nutzt die sich ihm bietenden Möglichkeiten gekonnt aus, um jedem Text einen anderen Charakter zu geben. Das wird auch in dem Konzertmitschnitt deutlich. De Maistre setzt mit sensiblen Fingern die mikroskopisch feinen Farbverästelungen des Konzertes in erspürbare Töne um. Ebenfalls nicht zu vergessen ist der vom Finnischen Radio-Sinfonieorchester unter Leitung seines Chefdirigenten Hannu Lintu beigesteuerte Ensemblebeitrag, der ebenso spannungsvoll das Gesamtbild zusammenhält wie im Detail sorgfältig ausformuliert ist. Die technische Realisierung lässt ebenfalls keine Wünsche offen.

Kaija Saariaho’s compositions have a broad range of moods. They are always powerful and personal in their expression, translucent and filigree in their structure. In any case, they are not inaccessible, but have a touching presence. This can be heard again in the three works on this release. For the vocal cycle True Fire, Saariaho chose six texts by Ralph Waldo Emerson, Seamus Heaney and Mahmoud Darwish as well as traditional texts by the Tewa Indians from today’s New Mexico. The result is a very rich sound palette. The harp arabesques that are heard in True Fire right at the beginning find their echo in the conventional three-movement harp concerto Trans. Ciel d’hiver is clearly a contemporary piece, yet oscillates between French and Asian music. The soloists are excellent: Finley skilfully explores the various moods of the song cycle in order to give each text a different character. With sensitive fingers, De Maistre transforms the microscopically fine colour ramifications of the concerto into perceptible tones. Under the baton of its principal conductor Hannu Lintu the Finnish Radio Symphony Orchestra provides a fine and supportive sound.

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