Dmitri Shostakovich
Nach einem ersten Orchester-Marathon mit den Solokonzerten und den Symphonien 4, 11, 8, 6 und 15 folgten beim großen Shostakovich Festival in Leipzig drei Kammermusik-Rezitals mit den Sonaten, Trios und dem Klavierquintett. Michael Oehme berichtet.
Daniil Trifonov, Nikolaj Szeps-Znaider, die für Baiba Skride in letzter Minute eingesprungene Yun-Jin Cho vom Gewandhaus-Quartett, Antoine Tamestit und Gautier Capuçon versprachen von vornherein höchstes Niveau. Das wurde an diesen drei Abenden durch tiefauslotende Musikalität noch übertroffen. Zum Beispiel beim einsätzigen Klaviertrio op. 8, einem hochemotionalen Frühwerk Shostakovichs, das wohl seiner ersten Liebe Tatjana Gliwenko geschuldet war. Trifonov, Znaider und Capucon zogen hier alle Register, die das Genie Shostakowich für sie bereithielt.
Gautier Capuçon
(c) J.Bort
Ganz anders der sehr zurückhaltende Zugang Capuçons mit seinem überirdisch schönen Ton zur Cellosonate op. 40, von Trifonov genauso zart aufgegriffen. Shostakovich war ja einfach auch nur Musiker, der sein inneres Empfinden bewahren wollte. Ein letztes Aufbäumen des todkranken Komponisten stellte die 1975 entstandene Bratschensonate op.147 dar. Lebensmut und Todesangst – die leeren Quinten zum Beispiel – halten sich hier die Waage.
Daniil Trifonov
Durch Antoine Tamestit (und natürlich Daniil Trifonov) war eine unvergesslich beeindruckende Interpretation dieses großartigen Werkes mit seiner kostbaren Stradivari zu erleben. Schließlich mit allen genannten Musikern das Klavierquintett g-Moll op. 57, ein Quintett als Quintessenz all dessen, was Shostakovich durchlebte, fühlte und musikalisch zum Ausdruck brachte, vollendet keineswegs politisch aggressiv gespielt von den fünf Musikern. Geradezu unheimlich war der Schluss, mit dem sich Shostakovich von der Musik und aus der Welt davonschleicht. Den Zuhörern stockte der Atem. Zugleich freute sich das Festival-Publikum an den Folgetagen auf die Siebente, die Leningrader Symphonie, die vom Gewandhausorchester und dem Boston Symphony gemeinsam gespielt wurde.
