George Szell - Concertos and Symphonies; Mendelssohn: Sommernachtstraum (Ouvertüre op. 21 & Zwischenaktmusik op. 61); Schubert: Die Zauberharfe/Rosamunde (Ouvertüre D. 644+ Ballettmusik Nr. 2 & Entr'actes Nr. 1 & 3); Weber: Konzertstück op. 79 für Klavier & Orchester; Haydn: Symphonien Nr. 88, 97, 104; Mozart: Divertimento KV 131 + Klavierkonzerte Nr. 24-26 + Symphonie Nr. 33 + Violinkonzerte Nr. 1 & 2; Tchaikovsky: Rokoko-Variationen op. 33 für Cello & Orchester; Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 4 & 5; Brahms: Symphonie Nr. 3 + Klavierkonzert Nr. 1; Schumann: Symphonien Nr. 1 & 2 + Klavierkonzert op. 54; Grieg: Klavierkonzert op. 16; Dvorak: Symphonien Nr. 8 & 9; Robert Casadesus, Leon Fleisher, Leonard Rose, Isaac Stern, Clifford Curzon, Concertgebouw Orchestra, Cleveland Orchestra, Columbia Symphony Orchestra, New York Philharmonic Orchestra, London Philharmonic Orchestra, George Szell; 10 CDs Profil PH 19018; Aufnahmen 1949-1961, Veröffentlichung 08/2019 – Rezension von Remy Franck

Profil widmet dem 1897 in Ungarn geborenen (und 1970 verstorbenen amerikanischen Dirigenten George Szell eine gut gefüllte Box mit 10 CDs, die Szells breites Repertoire übernehmen. Szell war ein von Orchestern wie von Solisten viel verlangender Musiker, der davon überzeugt war, dass ein Dirigent mit dem Herzen denken und mit dem Gehirn fühlen müsse.

Seine Orchester schien er mehr zu befehligen als denn wirklich gemeinsam mit ihnen Musik machen zu wollen. Sein sehr eigenwilliger Dirigierstil ergab dann auch das, was immer sein Markenzeichen war: ein schlankes, präzises, hervorragend strukturiertes und unglaublich detailreiches Musizieren.

Diese Beschreibung passt in der ersten Aufnahme dieser Box, dem Sommernachtstraum, wie die Faust aufs Auge. Die Klangintensität, die er mit einem rasierklingenscharfen schnellen Spiel erreicht, ist phänomenal. Grandios und klangreich, dabei getrieben von innerem Feuer ist die Einspielung von Auszügen aus Schuberts Rosamunde, so rhetorisch wie man diese Musik sonst nicht hört. Dabei spielt hier nicht ‘sein’ Orchester aus Cleveland, dem er von 1946 bis zu seinem Tod im Jahre 1970 vorstand, sondern das Concertgebouw Orkest, dem er seinen amerikanischen Idealsound eingeimpft hatte. Szell, das war ja auch der Dirigent, der, wo er auch dirigierte, die technische Brillanz der Amerikaner mit dem musikalischen Verständnis der Europäer verbinden wollte. Er erreichte überall seinen ganz typischen Szell-Sound. Das erlaubte ihm sein Charisma, das Charisma eines willensstarken und mächtigen Mannes. Nicht ohne Grund hat man das Cleveland Orchestra « A Hundred Little Szells » genannt.

Die zweite CD ist ganz Joseph Haydn gewidmet, mit den Symphonien Nr. 88, 97 und 104. Diese Interpretationen sind natürlich mit den historisch informierten von heute nicht zu vergleichen, sie zeichnen sich aber auch gegenüber anderen Aufnahmen aus den Fünfzigerjahren aus. Das äußerst präzise, hellwache und immer inspirierte Musizieren, hat schon ganz besondere Momente, weil er immer wieder Farben und Schichtungen produziert, wie sie wirklich einzigartig sind. Hinzu kommt eine Klarheit, die sehr beeindruckt. Der spezielle Touch seiner Haydn-Symphonien machen diese daher auch heute noch mehr als nur spannend.

Knackig frisch ist auch das Mozart-Divertimento KV 131. Im Krönungskonzert spielt Robert Casadesus den Solopart etwas monoton, wie ich finde, und das Klavier klingt grottenschlecht. Die Aufnahme des 24. Konzerts ist nicht nur vom Klang her besser, Casadesus spielt auch inspirierter.

Die 33. Symphonie kommt in den schnellen Sätzen fein ziseliert und pulsierend daher, im langsamen Satz liebevoll charmant.

Mozart + Fleisher + Szell war ein Dreigestirn, das schöner nicht leuchten konnte. Leon Fleishers feiner, warmer Anschlag, die Leichtigkeit seines Musizierens und die perfekte Harmonie mit dem großen Mozartianer George Szell machen das 25. Klavierkonzert zu einem herausragenden Musikerlebnis.

Tchaikovskys Rokoko-Variationen hat George Szell mit den New Yorker Philharmonikern und dem Cellisten Leonard Rose aufgenommen. Rose spielt mit seinem typisch warm-leuchtenden Klang, sehr lyrisch und nobel.

Die beiden ersten Violinkonzerte von Wolfang Amadeus Mozart mit Isaac Stern, Cleveland und Szell gehören zu dem Schönsten und Eloquentesten, was je in diesen beiden Werken zu Gehör gebracht wurde. Das sind unvergängliche Referenzaufnahmen, auch wenn sie jetzt schon 58 Jahre alt sind.

Bei George Szell gibt es keine unwichtige Phrase, und auch als Begleiter im Konzert ist er mit starker Hand dabei und fördert im Orchester Musik zutage, die man sonst so nicht hört. Eine ähnliche starke Rhetorik findet sich in Leon Fleishers spannendem Klavierspiel. Eine phänomenal ausdrucksstarke Interpretation des 4. Klavierkonzerts ist das Resultat solchen Musizierens.

Das 5. Klavierkonzert spielte Szell mit dem London Philharmonic ein. Clifford Curzon ist der Solist, der ohne imperiales Gehabe ganz auf Dramatik und Virtuosität setzt und diese pulsierende, scharf formulierte Dramatik auch als Widerhall im effektvollen Orchesterspiel findet.

Eine saubere aber nicht besonders spannende Dritte Brahms-Symphonie mit dem Concertgebouw Orkest geht dem Ersten Klavierkonzert von Brahms voraus, aufgenommen mit dem Cleveland Orchestra und Leon Fleisher, der wieder einmal ganz ausgezeichnet spielt, mit voller Dynamik und doch auch, neben voller Kraft, viel Poesie. Szell begleitet dramatisch und mit pulsierendem Elan.

Von Robert Schumann gibt es die Symphonie Nr. 1 und 2 mit dem Cleveland Orchestra. Es sind Einspielungen, die durch ein federndes, extrem transparentes und daher detailreiches Musizieren gefallen. Daneben gibt es vom selben Komponisten ein von Leon Fleisher brillant, virtuos und sehr differenziert gespieltes Klavierkonzert sowie eine ausdrucksstarke Manfred-Ouvertüre.

Eruptiv virtuos spielt Leon Fleisher das Klavierkonzert von Edward Grieg, aber im Orchester vermisse ich hier die Spontaneität, die andere Konzerte mit dem Duo Szell-Fleisher auszeichnet. Dennoch: es ist eine hervorragende Aufnahme.

Szells Aufnahme der Achten Symphonie von Dvorak ist die ‘folkloristischste’, die ich kenne. Wo immer ein Tanzrhythmus möglich ist, tanzt der Dirigent. Wo immer Holzbläser etwas Signifikantes zu sagen haben, lässt er sie sprechen.

Wir sind da weit entfernt von der Eleganz der Karajan-Aufnahme, auch weit vom böhmischen Idiom, wie Harnoncourt ihn zum Ausdruck bringt, aber Szells individualistische, aktionsreiche Interpretation ist grandios. Eine ebenfalls sehr gute, wenn auch weniger exzeptionelle Interpretation der 9. Symphonie (Aus der Neuen Welt) beendet das Programm der 10. CD dieser Szell-Box, die wir als herausragende musikalische Dokumentation nur empfehlen können.

This is a very recommendable box, giving a good overview of Szell’s broad repertoire. Most of the recordings are intense and exciting.

 

 

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