Antonio Vivaldi: Blockflötenkonzerte RV 312R, 441-445; Johann Sebastian Bach: Präludium F-Dur BWV 854 + Choräle Liebster Jesu, wir sind hier BWV 731 + Ach, was soll ich Sünder machen BWV 770 + Komm du nun, Jesu, vom Himmel herunter auf Erden BWV 650 + Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ BWV 639 +Alle Menschen müssen sterben BWV 643; Stefan Temmingh, Capricornus Consort Basel; 1 CD Accent ACC 24332; 05/2017, Veröffentlichung 06/10/2017 (68'40) – Rezension von Remy Franck

Dass Stefan Temmingh mich in Antonio Vivaldis Blockflötenkonzerten begeistern würde, hatte ich erwartet. Dass sich die Zusammenarbeit mit dem ‘Capricornus Consort’ aus Basel so spannend gestalten würde, war nicht ipso facto garantiert, und daher eine erste Überraschung. Und dann ist da noch die Tonaufnahme: Christian Sager hat den Klang der Aufnahme so reliefreich gestaltet, dass er einen wesentlichen Anteil am faszinierenden Eindruck hat, den diese Einspielung hinterlässt.

Temmingh sieht Vivaldis Konzerte als ‘Miniatur-Opern’, die einer individuellen Dramaturgie folgen. Seine subjektiv erdachte Handlung der Konzerte beschreibt der Solist in einem einfühlsamen Text im CD-Booklet.

Eine Besonderheit des Programms ist das Konzert RV 312R, bekannt geworden als 312 und damit als Violinkonzert. Dazu schrieb der französische Flötist Jean Cassignol, der sich als ‘Reconstructeur’, als Wiederhersteller des Konzerts vorstellt, an Pizzicato: « Vivaldis Konzert RV 312 ist ein Violinkonzert, aber das Manuskript zeigt, dass es als Blockflötenkonzert angefangen wurde, das erste aus Vivaldis Feder. Doch Vivaldi hatte zu dem Zeitpunkt nur ungenügende Kenntnisse des Instruments und dachte, das was er komponiert hatte, sei unspielbar auf der Blockflöte. Er machte also ein Violinkonzert daraus. Ich habe dieses Werk nun als Blockflötenkonzert umgearbeitet, und so kam eine Version zustande, wie sie Vivaldi vielleicht komponiert hätte, wenn er sein ursprüngliches Vorhaben zu Ende geführt hätte. »

Eine weitere Besonderheit der CD ist die Idee von Stefan Temmingh, vor jedes Konzert, sozusagen als musikalisches Zwischenspiel, ein kurzes Stück von Johann Sebastian Bach zu stellen.

Und wenn die Harmonie zwischen ‘Capricornus’ und Temmingh auch noch so perfekt ist, am Ende ist es doch vor allem das Spiel des aus einer südafrikanisch-holländischen Musikerfamilie stammenden

Solisten, das begeistert. Mühelos virtuos, farbig schillernd, sensuell und ungemein stilsicher musiziert er, und mit seinen Gestaltungsmitteln in diesem konturenreichen und differenziert artikulierenden Spiel kommt es zu der Klangrede, die er für seine kleinen Vivaldi-Opern ohne Worte braucht.

The always astonishing playing of Stefan Temmingh, his interpretative imagination, the excellent Capricornus Consort and the outstanding sound recording make this a very valuable release.

 

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