(c) Andrea Kremper

Die Baden-Badener ‘La Bohème’, eine Koproduktion mit dem Akademischen Opern- und Ballett-Theater Perm Russland) hat Pizzicato-Mitarbeizer Alain Steffen als eine in sich geschlossene und durchgehend überzeugende Aufführung empfunden.

In der Inszenierung gab es keine Experimente. Philipp Himmelmann inszenierte geradlinig, textbezogen und immer im Einklang mit der Musik. Einige mögen das altmodisch finden, für mich ist es überzeugende Oper. Auch wenn man sich manchmal in der Personenführung etwas mehr Phantasie und Liebe zum Detail erwartet hat, so erlebte das Publikum eine ergreifende Produktion mit schönen Bildern, viel Schnee und einem rundum jungen, aber überzeugenden Sängerensemble.

Doch die Überraschung kam aus dem Orchestergraben. Was Teodor Currentzis und ‘musicAeterna’ an Klängen, Farben und intensiven Schüben vollbrachten, war musikalische Interpretation auf allerhöchstem Niveau. Currentzis begnügte sich nicht damit, Puccinis Melodienstrom einfach fließen zu lassen, nein, die Liebesszenen und die ergreifenden Momente nahm er mit einer besonderen Langsamkeit und Schönheit, hob diese Szenen quasi aus der Musik heraus und liess sie im Raum und in der Zeit zerfließen.

Ansonsten operierte Currentzis mit einem packenden Zugriff, viel Lebendigkeit und wirklichem Wohlklang. Die herrlich aufspielende ‘musicAetrena’ begeistert einerseits mit einem klaren, transparenten und bis in kleinste pianissimo sicheren und hörbaren Spiel, andererseits mit wilder Lebenslust, harten Akzenten und einem z.T. dramatischen Puls.

Aus dem Ensemble stachen die vier Hauptprotagonisten heraus. Auch wenn es sich bei den Sängern der Mimi und de Rodolfo nicht um eine Mireilla Freni oder einen Luciano Pavarotti handelte, so brachten Zarina Abaeva und Leonardo Caplabo fast alles mit, was man für die Gestaltung dieser Partien braucht. Wenn es Capalbo auch noch etwas an Durchschlagskraft mangelte, so wächst hier ein Tenor mit einer wunderschönen, lyrischen Stimme heran. Sehr schön die Mimi von Zarina Abaeva, deren Gesang einem fast das Herz brach. Ihnen gegenüber standen der exzellente Konstantin Suchkov als Marcello und Sofia Fomina als persönlichkeitsstarke und glücklicherweise wenig soubrettenhafte Musetta. In den Rollen von Schaunard und Colline überzeugten Edwin Crossley-Mercer und Nahuel di Pierro. Zum Schluss gab es  einhellige Begeisterung für das gesamte Ensemble, besonders aber für Zarina Abaeva, Teodor Currentzis und die wunderbare ‘musicAeterna’.

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