Philip Glass: Streichquartett Nr. 2 (Company): Arvo Pärt: Summa; Hasan Ucarsu: Streichquartett Nr. 2 (Das Unsagbare); Peteris Vasks: Streichquartett Nr. 4; Borusan Quartet; 1 CD Onyx 4171; Aufnahme 2016, Veröffentlichung 10/2017 (63:46) – Rezension von Uwe Krusch

Vier Streicher des ‘Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra’ haben sich 2005 zum ‘Borusan Quartet’ zusammengetan. Nach Meisterkursen u. a beim ‘Alban Berg Quartett’ und beim ‘Juilliard Quartet’ haben sie Konzerte nicht nur an vielen Orten in der Türkei, sondern auch weltweit gegeben.

Neben dem Schumann-Quintett mit Idil Biret gibt es jetzt von der türkischen Formation eine erste eigene, international vertriebene Aufnahme. Für ein solches Unternehmen hat ein Quartett immer die Möglichkeit, sich mit großen Werken zu präsentieren oder weniger exponierte Programme zu wählen. Der weite Weg ist insofern vorteilhafter, weil sich nicht jedem Hörer sofort der Vergleich mit Aufnahmen namhafter Formationen aufdrängt. Dass das ‘Borusan Quartet’ den zweiten Weg gewählt hat, hat sicherlich nichts mit der Angst vor dem Vergleich zu tun, sondern einfach mit der Tatsache, dass sie ein modernes, in sich geschlossenes Programm zusammengestellt haben.

Die beiden vielleicht bekanntesten Werke sind das Zweite Quartett von Philipp Glas, ‘Company’, und das Vierte Quartett von Peteris Vasks. Glass‘ Werk, entstanden als Bühnenmusik zur gleichnamigen Novelle von Samuel Beckett, zeigt seinen typisch minimalistischen Stil. In Vasks Quartett zum 90. Geburtstag seiner Mutter wagt er einen Blick auf das Jahrhundert mit den friedlichen Zeiten vor den beiden Weltkriegen und auch auf die Greuel danach.

Ebenfalls bekannt ist Arvo Pärt, von dem hier ‘Summa’, das Glaubensbekenntnis für vier Stimmen erklingt, das er später für Quartett arrangierte.

Weniger bekannt sein dürfte den meisten das Zweite Quartett, ‘Das Unsagbare’, des in Istanbul geborenen Hasan Ucarsu. Die Schwerpunkte des Werks liegen im zweiten und dritten Satz. Der zweite Satz ist Neset Ertas, einem der Großen der türkischen Musikszene zum Gedenken komponiert. Im dritten Satz wird das Hidrellez- oder Kakava-Fest in Töne gesetzt, bei dem am 6. Mai der Beginn des Sommers begrüßt wird. Dieses bunte Treiben um ein großes Feuer artet zum Totentanz aus. Zwei kurze Sätze umrahmen diese beiden Hauptpunkte. Im ersten Satz spielt die Violine in hoher Lage lange Töne, die von den anderen drei Streichern in tiefen Registern begleitet werden. Im vierten Satz übernimmt das Cello tiefe kürzere Töne. Verschiedene Gedanken haben zum Titel geführt, wie zu Wiedergeburt und Verjüngung, die für das Hidrellez-Fest bedeutsam sind.

Das ‘Borusan Quartet’ hat zu allen vier Werken überzeugende Lösungen entwickelt und präsentiert diese eindrucksvoll. Das Glass-Quartett zeigt über die rhythmischen Eigenarten des Stücks hinaus auch die vorhandenen musikalischen Linien mit schönem Ton auf. Das Quartett des Letten Vasks wird ebenfalls in einer überzeugenden Weise interpretiert, die den Vergleich mit der Version des Widmungsträgers, dem ‘Kronos Quartet’ wahrlich nicht scheuen muss. Sowohl das kurze Werk Pärts in seiner Innigkeit als auch das vielschichtigere Quartett von Ucarsu überzeugen ebenfalls. Die technische Realisierung der Aufnahme komplettiert den ausgezeichneten Gesamteindruck.

On his first own internationally released CD, Turkish Borusan Quartet focusses on younger works including a large one of their compatriot Ucarsu. The Quartet gives stylish and technically flawless performances, well recorded.

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