
Nur drei handelnde Personen, die sich alle das Leben nehmen. Auf dieses Fazit lässt sich die Handlung von Hasses Piramo e Tisbe zuspitzen. Der König, Vater von Tisbe, verbietet ihr, sich noch mit ihrem Geliebten Piramo zu treffen, der einer mit dem Vater verfeindeten Familie angehört. Gemeinsam wollen die Verliebten deshalb flüchten. Als sich Tisbe am Treffpunkt vor einem Löwen versteckt, der ihren Schleier mit Blut verschmiert, erdolcht sich der später kommende Piramo, weil er sie tot wähnt. Die zurückkehrende Tisbe findet ihn sterbend und folgt ihm. Der auf der Suche nach seiner Tochter hinzukommende Vater erkennt seine Verblendung und erdolcht sich ebenfalls.
Dieses emotional aufgeladene Sujet hat Johann Adolph Hasse innovativ vertont. Es handelt sich um eine für ihn neue Form, ein Intermezzo tragico, hatte er doch bis dahin lange an der Opera seria festgehalten. Das Beharren mag auch erklären, wieso sein Werk lange vergessen war. Für die tragische Episode aus Ovids Metamorphosen geht Hasse einen ungewöhnlichen Weg. Bietet er einen hochemotionalen Stoff mit sehr tragischem Ausgang in einer sonst unterhaltsameren Themen vorbehaltenen Form. Weitere Änderungen wie die verbundenen Übergänge, sonst bis dahin separate Nummer und die häufig orchestrale Begleitung der Rezitative ergänzen den Weg. Und es gelingt ihm auch noch, einen eleganten Ton zu formen, der auf die uneingeschränkte Unterstützung der Gesangsstimmen abzielt. Hasse selbst hielt Piramo e Tisbe für eines seiner besten Werke.
Mit der Akademie für Alte Musik Berlin unter Führung ihres Konzertmeisters Bernhard Forck hat ein Ensemble dieses Werk aufgegriffen, dessen Spielweise auf im historisch informierten Kontext immer die Lebendigkeit und eine ansprechende Lesart wählt. Es wird fein musiziert und nicht akademisch, anders als der Name vermuten lassen könnte, buchstabiert. Auf diese Weise hält die Akademie das Interesse und die Spannung im Stück stets aufrecht. Mit Elan und Sorgfalt präsentieren sie ihre Interpretationen.
Von den drei Sängern wird die Rolle der Tisbe von Roberta Mameli gesungen. Sie weiß ebenso den Horror der familiären Einengung zu verdeutlichen, wie sie ihre Liebe zu Piramo zu schildern weiß. Mit ihrer tonschönen Stimme und Sicherheit bei der Gestaltung formt sie eine lebendige Person.
Ihr Liebhaber, auch von einer weiblichen Sopranrolle gesungen, findet in Anett Fritsch eine ebenso gestaltende Protagonistin. Auch sie kostet ihre liebenden Vokalkünste aus, die sie appetitanregend serviert. Mit der gut und sicher geführten Stimme ist sie ebenbürtig.
Die Vaterrolle ist auf den Stimmbändern von Jeremy Ovenden platziert. Er verwöhnt den Zuhörenden mit seiner prächtigen, aber nicht aufdringlichen Stimme.
Mit eindreiviertel Stunden mag man dieses Werk schon kaum mehr nur als Intermezzo, sondern als größere Form erleben. Von der ebenso galanten wie gefestigten Komposition wird man dank der erfreulichen Leistungen der Interpreten im besten Sinne gefangen genommen.
Only three characters, all of whom take their own lives. That is the conclusion to which the plot of thisw work can be summed up. The king, Tisbe’s father, forbids her from meeting her lover Piramo, who belongs to a family that is hostile to his own. The lovers therefore decide to flee together. When Tisbe hides from a lion at their meeting place, which smears her veil with blood, Piramo, who arrives later, stabs himself because he believes her to be dead. Tisbe returns to find him dying and follows him in death. The father, who arrives in search of his daughter, realizes his blindness and also stabs himself.
Johann Adolph Hasse set this emotionally charged subject to music under the title Piramo e Tisbe. This was a new form for him, an ‘intermezzo tragico,’ as he had long adhered to opera seria until then. This persistence may also explain why his work was long forgotten. Hasse takes an unusual approach to the tragic episode from Ovid’s Metamorphoses. He offers highly emotional material with a very tragic outcome in a form otherwise reserved for more entertaining themes. Further changes, such as the connected transitions, which were previously separate numbers, and the frequent orchestral accompaniment of the recitatives, complement this approach. He also succeeds in creating an elegant tone that aims to provide unrestricted support for the vocal parts. Hasse himself considered Piramo e Tisbe to be one of his best works.
With the Akademie für Alte Musik Berlin, led by its concertmaster Bernhard Forck, an ensemble has taken up this work whose playing style always chooses liveliness and an appealing interpretation in a historically informed context. The music is finely played and not spelled out academically, as the name might suggest. In this way, the academy maintains the interest and tension in the piece at all times. They present their interpretations with verve and care.
Of the three singers, the role of Tisbe is sung by Roberta Mameli. She knows how to convey the horror of family constraints just as well as she knows how to portray her love for Piramo. With her beautiful voice and confidence in her performance, she creates a vivid character.
Her lover, also sung by a female soprano, finds an equally expressive protagonist in Anett Fritsch. She too savors her loving vocal artistry, which she serves up appetizingly. With her well-trained and confident voice, she is truly impressive.
The father role is sung by Jeremy Ovenden. He spoils the audience with his magnificent but unobtrusive voice.
At one and three-quarter hours, this work can hardly be experienced as an intermezzo, but rather as a larger form. Thanks to the delightful performances of the interpreters, one is captivated in the best sense by the composition, which is as gallant as it is solid.