Mieczyslaw  Weinberg: Wir Gratulieren! (Congratulations!); Katia Guedes (Madame), Anna Gutter (Fradl), Olivia Saragosa (Bejlja), Jeff Martin (Reb Alter), Robert Elibay-Hartog (Chaim), Kammerakademie Potsdam, Vladimir Stoupel; 2 CDs OehmsClassics OC 990; Liveaufnahme 09/2012, Veröffentlichung 21/08/2020 (80'23) - Rezension von Remy Franck

Mitte der Siebzigerjahre komponierte Mieczyslaw Weinberg seine Kammeroper ‘Wir gratulieren!’. Den jiddischen Originaltext von Sholem Aleichem (1859-1916) hat Weinberg mit nur wenigen Änderungen ins Russische übertragen. Dabei legte er viel Wert auf den dem Stück innewohnenden Klassenkonflikt, was ihm half, das Werk bei der sowjetischen Zensur durchzubekommen. Die Originalfassung der Oper wurde 1883 in Moskau uraufgeführt. Der Autor  des Originalbuchs. Sholem Aleichem ist vor allem wegen seiner Kurzgeschichte ‘Tevye the Dairyman’ bekannt, die das Material für das Musical Fiddler on the Roof/Anatevka lieferte.

Die vorliegende Veröffentlichung benutzt die deutsche Fassung für Kammerensemble von Henry Koch und wurde 2012 im Berliner Konzerthaus aufgezeichnet.

So wird die Handlung geschildert: Im Haus einer reichen jüdischen Dame im Odessa der vorletzten Jahrhundertwende ist Belja in der Küche damit beschäftigt, ein festliches Abendessen vorzubereiten, denn die Verlobung der Tochter des Hauses steht bevor. Die verwitwete Köchin beklagt ihre mühsame Arbeit und ihr einsames Leben ohne Mann. Der Buchverleiher Reb Alter erscheint mit neuen Büchern, und Belja gibt ihm zu essen und zu trinken. Während dieser tüchtig zulangt, vertraut ihm die Köchin den neuesten Klatsch über ihre Herrschaft an. Der Buchhändler wird mit jedem Glas, das er leert, redseliger und forscher: Erst preist er seine sozialistischen Bücher an, kurz darauf schlägt er Belja vor, angesichts ihres Ersparten mit ihm eine Kapitalgemeinschaft zu gründen. Chaim, der Diener des Nachbarn, kommt dazu und fängt an, über seine Herrschaft zu lästern. Schließlich erscheint auch Fradl, ein lustiges Liedchen auf den Lippen, in der Küche. Chaim, der sich zunächst vor ihr versteckt hatte, kommt hervor und beginnt heftig mit dem Dienstmädchen zu flirten. Ein ausgelassenes Feiern und Trinken beginnt, und als die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht, beschließen Belja und der Buchverleiher, ihren Dienst zu quittieren und sich zu verloben. Hochgestimmt liest der Buchverleiher besonders schöne Stellen aus seinen mitgebrachten Büchern vor. Angeregt vom Liebesglück der Frischverlobten schlägt Chaim einen Polterabend vor und wendet sich dann spontan mit einem Heiratsantrag an Fradl, den diese nach anfänglichem Sträuben schließlich annimmt. Überraschend taucht die Hausherrin auf und unterbricht das freudige Singen und Scherzen, nicht ohne eine gehörige Lektion einzustecken: « Geld regiert nicht mehr die Welt! »

Die originelle Kammeroper ist in der vorliegenden Aufnahme in einer überaus präsenten und wegen ihrer packenden Dynamik unmittelbar ansprechenden Fassung zu hören. Die Sänger singen mit größter Klarheit und viel darstellerischen Engagement, während die Kammerakademie Postdam Rhythmen und Farben mit intensiver Prägnanz spielt. Da kann man allen Beteiligten nur …gratulieren.

Mieczyslaw Weinberg composed his chamber opera Wir gratulieren! in the mid-seventies. He translated the original Yiddish text by Sholem Aleichem (1859-1916) into Russian with only a few changes. He placed great emphasis on the inherent class conflict, which helped him to get the work through Soviet censorship. The original version of the opera was first performed in Moscow in 1883. The author of the original book, Sholem Aleichem is best known for his short story ‘Tevye the Dairyman’, which provided the material for the musical Fiddler on the Roof.
This release uses the German version for chamber ensemble by Henry Koch and was recorded in 2012 at the Berlin Konzerthaus.
This is how the plot is described: In the house of a rich Jewish lady in Odessa at the turn of the 20th century, Belja is busy in the kitchen preparing a festive dinner, as the engagement of the house’s daughter is imminent. The widowed cook laments her arduous work and her lonely life without a man. The book lender Reb Alter appears with new books, and Belja gives him food and drink. While he is busy, the cook entrusts him with the latest gossip. The bookseller becomes more talkative and inquisitive with every glass: first he praises his socialist books, and shortly afterwards he suggests to Belja that, in view of her savings, she form a capital community with him. Chaim, the neighbour’s servant, joins in and begins to complain about his employers. Finally Fradl also appears in the kitchen. Chaim, who had initially hidden from her, comes out and starts flirting with the maid. An exuberant partying and drinking begins, and when the mood reaches its climax, Belja and the book lender decide to quit their service and get engaged. In high spirits, the book lender reads particularly beautiful passages from the books he has brought along. Inspired by the love affair of the newly engaged, Chaim spontaneously proposes marriage to Fradl, who after initial resistance finally accepts. Surprisingly, the landlady appears and interrupts the joyful singing and joking, not without taking a good lesson: « Money no longer rules the world! »
In the present recording, the original chamber opera is heard in an extremely characteristic and, because of its gripping dynamics, immediately appealing version. The singers sing with the greatest clarity and a great deal of dramatic commitment, while the playing of the Kammerakademie Postdam is rhythmic and colourful. So, one can only … congratulate all those involved.

  • Pizzicato

  • Archives